Schottland, Tag 5 und 6 – warum es jetzt zum Angeln geht
Diesen Jagdtag werde ich wohl nie wieder vergessen.
Nachdem wir gestern 10 Stunden lang vergeblich auf Hirsche gepirscht sind, ohne ein Stück erlegt zu haben, ging es heute nach dem Frühstück wieder ins Revier. Unser Jagdführer ließ mich diesmal das Boot fahren, was dank des 90 PS Außenborders wirklich richtig Spaß gemacht hat.
Das Wetter war perfekt und die See spiegelglatt, so dass wir die Hänge vom Boot aus nach Rotwild absuchen konnten.
Schnell war ein Hirsch ausgeguckt, der zusammen mit einigen Stück Kahlwild und Beihirschen etwa anderthalb Kilometer vor uns im Hang stand.
Unser Stalker war der Meinung, dass wir diesen Hirsch angehen sollten.
Meine Waden und die meines Jagdfreundes taten uns noch vom Vortag weh und jetzt sollte es wieder bis ganz hinauf gehen.
Na gut, also ging es los!
Nach etwa zwei Kilometern Fußmarsch und etwa 800 überwundenen Höhenmetern, machten wir die erste Pause. Ich war völlig fertig und mir war überhaupt nicht bewusst, was heute noch auf mich zukommen würde.
Wir pirschten weiter bis wir irgendwann wirklich oben angekommen waren, und hier wurde es dann auch langsam interessant.
Wir sahen acht Stück Kahlwild ohne Hirsch und zwei Spießer, auf welche wir uns zuerst fertig machten, dann aber doch beschlossen, diese nicht zu erlegen. Die Spießer waren noch im Bast und eigentlich waren wir auf ein „Beast“ aus – so nennen die Schotten liebevoll ihre Hirsche.
Als wir über die nächste Kuppe kamen, ging alles ganz schnell.
Ich hinkte etwa 50 Meter hinter meinem Jagdfreund und dem Jagdführer her und verpasste so, wie die beiden einen Brunfthirsch, der unverhofft auftauchte, erlegten.
Völlig zufrieden wollten wir nun den Weg heimwärts einschlagen, doch der Stalker war der Meinung, wir sollten mehr Beute machen, wenn wir schon mal nach hier oben geschafft hatten.
Also ging es weiter. Das Wildbret und die Trophäe ließen wir zurück, wir wollten sie auf dem Heimweg bergen.
Wir pirschten also unermüdlich immer weiter und endlich, nach weiteren zwei Stunden, machten wir wieder ein Rudel aus.
Jetzt war ich dran.
Der Wind stand ungünstig und wir mussten entlang einer Steilwand an das Wild gelangen. Es war mehr klettern als wandern, und grade als wir an einem Punkt waren, an dem man besser nicht mehr hinunter schaut, erzählte uns der Schotte, dass hier letztes Jahr jemand umgekommen sei.
Sehr gut, also weiter… ran an das Wild!
Letztlich kletterten wir eine weitere Stunde und endlich näherten wir uns dem Rudel.
Wir lagen auf einer Felskannte und konnten keinen Meter näher herankommen.
Ich sah den Hirsch nun steil unter uns rufen – und war voll mit Adrenalin. Zum einem war es das Gefühl der Gefahr hinabzustürzen, zum anderen wollte ich nicht mehr ohne Beute zurück!
Zum Glück hat uns Swarovski grade einen Entfernungsmesser zur Verfügung gestellt.
Er zeigte 280 Meter an und ich war etwas baff, da ich niemals mit solch einer Entfernung gerechnet hätte.
Der Schotte machte langsam Druck, dass ich doch schießen solle.
Hin und her gerissen, entschied ich mich letztlich doch für den Schuss.
Der erste Schuss fehlte, doch ich sah die Kugel einschlagen und korrigierte, so dass der zweite Schuss traf.
Der Hirsch zeichnete deutlich und sonderte sich direkt von seinem etwa 20 Tiere starken Kahlwildrudel ab.
Der Hirsch zog unter uns durch, ohne dass ich einen weiteren Schuss auf ihn anbringen konnte. Also ging es zurück, um ihm den Weg abzuschneiden.
In einem irren Tempo folgten wir dem Schotten und dabei passierte es dann.
Mein rechtes Knie, mit dem ich schon länger Probleme habe, knickte um.
Doch auf der Jagd lahmt kein Hund, schon gar nicht unter dem Einfluss von Adrenalin.
Wir überwanden etwa 100 Höhenmeter und endlich tauchte der Hirsch wieder vor uns auf.
Waidwundgetroffen zog er im Hang.
Ich rutschte mehr als ich lief und machte mich wieder fertig. Der Swarovski Rangefinder zeigte 188 Meter an. Nirgendwo konnte ich auflegen, deshalb musste ich den Schuss über mein kaputtes Knie wagen. Der Hirsch lag im Feuer.
Mich durchströmte eine wahnsinnige Mischung aus Aufregung und Dankbarkeit.
Es ging zum Hirsch, denn nun war Eile geboten – die Dunkelheit nahte.
Mein Jagdfreund und unser schottischer Führer machten sich auf den Weg zurück, um den andern Hirsch zu bergen.
Ich versorgte das Wildbret und die Trophäe, und machte mich auf den Weg bergab.
Mein Knie war bis auf das Doppelte angeschwollen, aber zum Glück funktionierte trotz Schmerzen noch alles ziemlich gut.
Grade als ich am Wasser angekommen war, wurde ich abgeholt. Unser Jagdführer hatte alles perfekt organisiert.
Meine Jagdreise ist damit wohl oder übel beendet, ich bin aber trotzdem überglücklich. Für die nächsten Tage habe ich mir ersatzweise eine Angelmöglichkeit organisiert.
Gucken wir mal, was es dort gibt!
Eines aber ist sicher: diesen Tag wird mir in Erinnerung bleiben!
Waidmannsheil und Waidmannsdank aus Schottland