Am Montagabend war ich (Gerold) bei einem guten Jagdfreund zum Abendansitz auf Rotschmaltiere und Spießer, sowie Sauen und Rehböcke eingeladen.
Eigentlich schien es perfekt in den Zeitplan zu passen, denn am nächsten Schultag hätte ich die ersten zwei Unterrichtsstunden frei gehabt und somit wäre es kein Problem erst um halb 11 den Ansitz zu verlassen und noch eventuell erlegtes Wild zu bergen. Eigentlich, wenn es bei der Jagd nicht so wäre, dass man nichts planen kann.
Der Ansitz an einer kilometerlangen, schnurgraden Wald-Haferkante sollte um 19 Uhr beginnen, weshalb wir uns kurz vor sieben trafen, die Freigabe durchsprachen und die Sitzplätze verteilten. Da die Hochsitze auf der langen Ackerkante verteilt waren, war es uns möglich, den jeweils anderen auf dem Sitz zu sehen und zusehen zu können, wenn von dem anderen Schützen etwas erlegt werden würde. Gegen 19 Uhr bezog ich also zusammen mit meinem Kumpel und Kameramann Erik den Sitz und schon kurze Zeit später kam einiges weibliches Rehwild in Anblick.
Nur das Rotwild, welches in den letzten Tagen teilweise schon um halb 8 herauszog, ließ erstmal auf sich warten. Um 21 Uhr standen dann ein passender Spießer und ein Schmaltier direkt vor der Kanzel des Beständersohnes und wenige Sekunden später brach der Schuss, der letzterwähntes nach 40m Flucht verenden ließ. Der Spießer flüchtete nur halb erschrocken über die freie Fläche, kam auf mich zu und bis auf ca. 200m heran. Eigentlich ein machbarer Schuss, da meine Auflage optimal war und ich wusste, dass die Waffe sehr exakt schießt. Trotzdem blieb die Kugel im Lauf.
Sowas hatte ich lange nichtmehr in solch einer Form. Jagdfieber. Der gesamte Hochsitz wackelte vom Zittern meiner Beine. Normalerweise bekomme ich das relativ gut in den Griff oder es kommt erst nach dem Schuss. Jetzt jedenfalls musste ich die Handspannung der Waffe zurückziehen und mich erstmal beruhigen, während der kleine Hirsch in den Wald wechselte.
Grund zur Ärgernis gab es für mich nicht. Schließlich lag ja ein Stück auf der Strecke und die Kamera hielt ein paar schöne Filmszenen des Roten fest. Aber ich sollte doch noch Erfolg haben.
Um halb zehn stand plötzlich wie aus dem Nichts ein einzelnes Stück Rotwild direkt vor meiner Kanzel, welches ich nach einiger Zeit eindeutig als Schmaltier ansprach. Das Stück war inzwischen knapp 90 m ins Feld gezogen, ehe ich einmal den Blick von hinten zwischen die Läufe erhaschen konnte und somit das Urteil fiel, dieses Stück jetzt zu erlegen. Also die SM12 in Anschlag, Puls beruhigen und auf ca. 110 m den Schuss sauber abgeben. Um genau 22:00 Uhr brach also der Schuss, auf den das Stück nur gering zeichnete und zu flüchten begann, als ob nichts passiert wäre.
Ich war sauber abgekommen und so kam mir der Gedanke, dass ich die Entfernung falsch eingeschätzt hatte und das Stück nur krank geschossen ist. Also schoss ich auf ca. 90 m erneut auf das hochflüchtige Stück, welches zeichnete, aber nicht zu Boden ging. So schoss ich abermals, bevor das Stück im Wald verschwand. Wieder zeichnete das Schmaltier und machte endlich den Eindruck, dass es in wenigen Metern verenden würde, verschwand aber im Kiefernforst. So ein Mist! Bei jedem Schuss war ich gut abgekommen und das Zeichnen auf die Schüsse wurde mir von Erik bestätigt, welcher mit dem Fernglas zusah.
Jetzt hilft alles Nichts. Schnell von der Kanzel und das Restlicht nutzen. Ich hatte mir einen auffälligen Kiefernast gemerkt, wo das Stück in den Wald flüchtete. Diesen suchten wir zuerst, da ich mir sicher war, dass das Stück dort verendet liegen musste. Knapp eine halbe Stunde lang suchten wir nach irgendwelchen Pirschzeichen und fanden schlichtweg Nichts. Auch das systematische Absuchen der ersten 20 m des Waldes brachte keinen Erfolg.
Aufgrund der hohen Temperaturen hatte keiner von uns seinen Hund im Auto dabei und eigentlich war für mich die bereits Entscheidung gefallen, die Suche abzubrechen und morgen früh einen Schweißhund anzusetzen. Doch dann wurde mir mein Fehler bewusst. Der auffällige Kiefernast, den ich mir zur Orientierung gemerkt hatte, hatte einen Doppelgänger. Dieser war uns bis jetzt nicht aufgefallen und somit entschloss ich mich an diesen noch einmal zu suchen.
Und siehe da! Da liegt das Stück mit einem fast Hohlschuss und zwei Streifschüssen unter einem Schwarzdornbusch. Was für eine Erleichterung! Nach dem ersten Schuss, welcher nur die Lunge durchschlug, aber keinen Knochen oder ähnliches, ist das 49 kg schwere Schmaltier ca. 140m geflüchtet.
Das kann bei unserer größten Wildart schon vorkommen, erlebt habe ich das allerdings auch noch nicht. Die anderen beiden Schüsse rissen nur die Decke an und waren somit irrelevant. Um kurz vor 24 Uhr hatten wir also endlich das Stück am Auto und machten hier noch ein Streckenfoto.
Einen Schuss des Beständers auf einen 30 Kilo Überläufer konnte ich nicht vernehmen, dieser soll aber kurz vor meiner „Kanonade“ gefallen sein. Dafür, dass wir mit drei Schützen das Feld „bewachen“ wollten, war es letztlich ein sehr erfolgreicher Abend mit zwei Stücken Rotwild und einer Sau.
Ich entschuldigte mich für das vermeintliche „Rumgeballer“, stieß jedoch auf Verständnis. Getreu dem Motto: „Lieber einmal öfter schießen, als lange Nachsuchen zu verursachen!“
Vielen Dank nochmal an Dag und Timo für die Einladung und viele Grüße an Paul, der diese Woche in der Uni verbringen darf!
Horrido und Waidmannsheil, Gerold