Bejagung von Ricken – Folgen der Vernachlässigung

Wildmeister Herbert Schröder klärt auf, welche Konsequenzen eine vernachlässigte Bejagung von Ricken nach sich zieht.

Drückjagd auf Ricken

Aber so vielfältig die Reviere auch sind, so ist die praktizierte Jagdmethode in fast allen Revieren dieselbe: weibliches Rehwild wird oft auf Drück- und Bewegungsjagden zur Strecke gebracht. Neuerdings legen wir in bestimmten Revieren die Kahlhäupter gleich mit dazu, da die Jagdzeit auf diese in immer mehr Bundesländern verlängert wird. Auf diesen Bewegungsjagden ist ein Ansprechen meist nicht möglich, und wenn man sich sicher ist „Zahl geht vor Wahl“, dann kann man hemmungslos seine Schießkünste demonstrieren.

In dieser Methode ist der größte Fehler der Rickenbejagung zu sehen: Es werden dadurch jährlich große Mengen von Rehwaisen produziert, die den Bestand in der Folgezeit verschlechtern. Das ist der Hauptfrevel dieser Bejagungsvariante: Durch das Erlegen der besten Ricken auf Drück- und Bewegungsjagden kommen die besten Vererberinnen zur Strecke.

Bejagung von Ricken – Die Folgen des Mutterabschusses


Es ist vielen Jägern nicht klar, dass sowohl weibliche als auch männliche Kitze der Führung durch die Mutter bis in das Frühjahr des folgenden Jahres bedürfen. Wer sein Wild im Auge hat, erkennt, dass die Familienverbände auch innerhalb großer Wintersprünge zusammenhalten, und dass auch der Jährlingsbock bis zum Fegen bei seiner Mutter bleibt. Nicht umsonst werden die Kitze bis weit in den Winter hinein gesäugt. Und wenn dem Erleger der Ricke beim Aufbrechen die Milch über die Hand läuft, sollte ihn das zum Nachdenken anregen. Das Waisenkitz wird nicht von den anderen Rehen angenommen.

Kitz ohne Anschluss

Von jedem Familienverband, an den es sich anzuschließen versucht, wird es nach kurzer Zeit vertrieben. Es ist monatelang am Suchen und bleibt in der Entwicklung zurück. Die Nachkommen dieser Rehe haben in der Regel nicht das Zeug zu großen Vererbern. Bockkitze, denen schon früh die Mutter weggeschossen wurde, haben normalerweise lediglich das Zeug zu schwachen Jährlingen und schwachen mehrjährigen Böcken. So wird jedes Jagdjahr aufs Neue auf den Gesellschaftsjagden dafür gesorgt, dass schwache Nachkommen produziert werden, die den Bestand kontinuierlich verschlechtern.

Bejagung ganzer Familienverbände

Interessanterweise hatten unsere Altvorderen auch kein Patentrezept für eine erfolgreiche Rehwildbewirtschaftung. So gut man sich auch auskannte mit starken und schwachen Trophäenträgern, so gab man immer nur den Rat, die schwachen Mütter an ihren Kitzen zu erkennen und diese zu erlegen. Man sollte doch auch kümmernde und überalterte Stücke schießen. Nur, wer kennt und erkennt denn diese Rehe? Vor vielen Jahren hatte ich ein folgenreiches Erlebnis: Als Berufsjäger in einem Dam- und Schwarzwildrevier war ich es gewohnt, den Rehwildabschuss spät im Januar zu erfüllen. Dazu nahm ich mir dann die Revierteile vor, die Knopfböcke hervorbrachten, um dort nach Möglichkeit die geringen Stücke familienweise komplett zu entnehmen.