Namibia: Mein Herz rast, der Schweiß läuft mir von der Stirn. Der Spurt bis zu diesem Baum, der auf der kargen Fläche weit und breit die einzige Deckung darstellt, ist nicht sonderlich weit, aber bei fast 30 Grad sehr kräftezehrend. Ich umfasse meine Tikka im Kaliber .375 H&H, streiche am Stamm an, zwinge mich, tief durchzuatmen, versuche den Puls zu beruhigen, was mir eher mäßig gelingt. Das Absehen findet sein Ziel, und ich lasse fliegen…!
Die Einladung nach Namibia
Ich bin in Afrika, genauer gesagt in Namibia. Das Land fasziniert Touristen und Jäger gleichermaßen durch seine schier unendliche Weite. Aber ich bin nicht als Tourist hier, nicht als Urlauber oder Jäger, sondern ich habe mich entschieden, hier für einige Monate meine Zelte aufzuschlagen. Ich residiere in einer Jagd- und Gästefarm, wo ich neben allen kleineren anfallenden Arbeiten hauptsächlich die Versorgung der Gäste und Angestellten mit Fleisch übernommen habe, und das bedeutet keine Trophäenjagd, sondern reine Fleischjagd.
Zentral gelegen
Der Besitzer der Farm hatte mich eingeladen, einige Monate auf diesem idyllischen, 18 000 Hektar großen Flecken Erde in Zentralnamibia zu verbringen, und ich hatte keine Sekunde gezögert, dieser Bitte nachzukommen. Die Farm liegt in der Erongo-Region nordwestlich von Windhoek im Binnenhochland, das nach Westen hin durch die Namib und gen Osten durch die Kalahari begrenzt wird. Die Landschaft hier ist sehr abwechslungsreich und geprägt von hohen Bergketten und breiten Tälern, schroffen Felsen wie auch weiten, mit Dornbüschen besetzten Ebenen. Eine Landschaft, wie sie nicht schöner sein kann – die Heimat des Bergzebras.
Der Auftrag
Es ist Mittwochvormittag in Namibia, als ich mit dem Farmverwalter zusammensitze und er mir mitteilt, dass uns das Zebrafleisch ausgeht. Er bittet mich, noch an diesem Nachmittag auf die Jagd zu gehen. Wir diskutieren noch über das Wie und Wo und haben uns gerade auf einen Ansitz am Wasserloch – es ist Trockenzeit und der letzte Regen liegt sieben Monate zurück – geeinigt, als Thomas, ein Gast auf der Farm, an uns herantritt und darum bittet, mich begleiten zu dürfen. Ich habe keinerlei Bedenken und stimme zu. Zebras – hier kommenden Hartmann-Zebras, eine Unterart der Bergzebras, vor – wechseln in der Regel eher am Abend oder auch während der Nacht zum Wasser, und so verabreden wir uns für 16.00 Uhr, um dann gemeinsam hinauszufahren und bis zur Dunkelheit, die um diese Jahreszeit gegen 19.30 Uhr einsetzt, anzusitzen.
Der Ansitz in Namibia
In meinen Dienstgeländewagen habe ich eine Kühltasche geladen, das Gewehr ist sicher verstaut, die Munition überprüft und so machen wir uns am Nachmittag auf den holprigen Weg zu einem etwa sechs Kilometer entfernten Wasserloch. Hier erwartet uns ein geräumiger Ansitzbunker. Die erste Stunde verstreicht, ohne dass wir auch nur ein einziges Stück Wild zu Gesicht bekommen – zu heiß brennt noch die Sonne auf die vor uns liegende Fläche, die außer dem Wasserloch nur einen einzigen Baum zu bieten hat, der Schatten spenden könnte. Gegen 18.00 Uhr die erste Bewegung: Eine Riesentrappe stolziert langsam und majestätisch von links auf das Wasserloch zu. Langsam wird es kühler und damit interessanter. Eine kapitale Warzenschweinbache erscheint, sichert lange und geht dann, wohl weil ihr die Situation nicht ganz geheuer ist, mit steil aufgestelltem Pürzel zügig ab. Bewegt sich da etwas am gegenüberliegenden Rand der Freifläche?
Im Visier
Ich nehme mein Fernglas und beobachte die Büsche dort in etwa 200 Meter Entfernung. Tatsächlich, dort sehe ich, zunächst noch fast völlig von der Vegetation verdeckt, etwas Schwarz-Weißes. Ein Oryx ist es, eine junge Kuh, die sich langsam zum Wasser bewegt. Sehr vorsichtig, immer wieder sichernd, nähert sie sich. Scheinbar endlos lange braucht sie bis zum Nass, dann schöpft sie kurz, um sich schnell wieder zu entfernen. Es kehrt wieder Ruhe ein. Die Stille wird nur durch das Rufen der Kapturteltauben durchbrochen. Immer wieder glase ich die gegenüberliegende Buschgrenze ab in der Hoffnung, ein Stück Wild zu entdecken, aber vergeblich – nichts ist zu sehen. Direkt vor unserem Fenster stehen einige hohe Grashalme, die für eine Schussabgabe zwar nicht wirklich stören würden, beim Abglasen aber ab und zu die Sicht nehmen. Ich bitte Thomas, mich nachher beim Gehen daran zu erinnern, diese dann noch schnell wegzuschneiden.
Der Heimweg
Es ist inzwischen halb acht und die Sonne zu einem großen, roten Ball geworden, der links von uns knapp über dem Horizont steht, bereit, den Tag ausklingen zu lassen. Die Dämmerung in Namibia kommt schnell, und da wir unseren Geländewagen etwa einen Kilometer entfernt geparkt haben, packen wir so langsam unsere Sachen zusammen und brechen den Ansitz ab. Wir verlassen den Bunker. Wir machen uns auf den Weg zum Auto, als Thomas plötzlich stehen bleibt und mir sagt, dass ich doch noch die Grashalme entfernen wollte. Ich lasse also meinen Rucksack bei Thomas, gehe zurück zum Bunker und rupfe das Gras vor dem Fenster weg. Gerade will ich mich wieder auf den Weg machen, als mir noch der Gedanke kommt, schnell das Loch auf den Wasserstand hin zu kontrollieren. Ich schlendere leicht gedankenverloren über die große Freifläche darauf zu, als ich plötzlich erstarre: Mir entgegen zieht – ebenfalls auf dem Weg zum Wasserloch – ein Zebra.
Allein in der Wüste Namibias
Einzelgänger sind mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit alte männliche Stücke, die von einem jüngeren Hengst aus der Herde vertrieben worden sind und dann bis zu ihrem Lebensende umherziehen. Auch der massige Träger und das eher kurz wirkende Haupt sprechen eindeutig dafür, dass mir hier ein alter Hengst gegenübersteht. Ich blicke mich um, entdecke aber im weiten Umkreis absolut nichts, was mir als Deckung dienen könnte, so dass ich versuche, möglichst lautlos zu Boden zu gleiten. Langsam ziehe ich das Gewehr vom Rücken. Der Hengst steht spitz, ist auf rund 130 Meter Entfernung stehengeblieben. Das Haupt erhoben, sichert er zu mir herüber. Hat er mich mit? Wundern würde es mich nicht, sitze ich doch mitten auf einer freien Fläche. Es scheint, als wäre er unschlüssig, macht aber doch ein paar weitere Schritte auf mich zu. Ich stütze meine Ellenbogen im Sitzen auf meine Knie, ziele sorgfältig und schieße auf den Stich.
Es knallt in der Wüste
Zunächst geschieht nichts, dann taumelt der Hengst etwas, schwankend dreht er sich um und zieht langsam davon, stellt sich aber nach 30 Meter hinter einem Busch ein. Ich renne los, auf den einzigen Baum zu, der zwischen mir und dem Zebra steht, erreiche ihn nassgeschwitzt, denn die Temperatur ist auch jetzt kurz vor der Dunkelheit noch sehr hoch. Ich streiche am Baumstamm an, ziele auf den Träger – im Schuss bricht der Hengst verendet zusammen. Keine 20 Sekunden hat das alles gedauert, und ich bin absolut überwältigt von dieser völlig unerwarteten Jagd und ihrem positiven Ausgang.
Unerwarteter Besuch
Ich richte mich auf und erschrecke nicht schlecht, als Thomas plötzlich direkt hinter mir steht. „Gott, wie bist du denn hierher gekommen?“ frage ich ihn. „Nun, ich wollte nur mal sehen, wo du so lange bleibst, und als ich über die Freifläche schaute, war das genau der Moment, in dem du dich hingesetzt hast“, sagt er mir. „Da bin ich natürlich auch in Deckung gegangen, obwohl ich das Zebra überhaupt noch nicht gesehen habe. Und als du nach dem Schuss dann losgerannt bist, bin ich unauffällig hinter dir her gespurtet und habe immer schön die Deckung des Baums ausgenutzt.“ Wir müssen beide lachen. Um uns herum ist es dunkel geworden. Das alles hätte keine Minute später passieren dürfen. Manchmal sind es einfach die Zufälle, die bei einer Jagd den Erfolg bringen.
Zebras vor Ort
Die hier vorkommenden Zebras gehören zur Art der Bergzebras (Equus zebra), die sich durch etwas längere Ohren, schmalere Hufe und das Fehlen der so genannten Schattenstreifen von den in Ost- und Südostafrika lebenden Steppenzebra (Equus quagga) unterscheiden. Außerdem gibt es das Grevyzebra (Equus grevyi). Der Biologe kennt zwei Unterarten des Bergzebras, zum einen das Kap-Bergzebra (Equus zebra zebra), welches in der Kap-Region Südafrikas beheimatet ist, und zum anderen das Hartmann-Zebra (Equus zebra hartmannae), welches nach dem deutschen Forschungsreisenden Georg Hartmann (1865 – 1946) benannt wurde und in den Berg- und Hügelregionen Namibias vorkommt. Bergzebras erreichen bei einer Schulterhöhe von 1,2 bis 1,5 Meter und einer Länge von etwa 2,2 Meter ein Gewicht von durchschnittlich 260 bis 370 Kilogramm. Das Hartmann-Zebra ist im Schnitt etwas größer und hat etwas schmalere schwarze Streifen als das Kap-Bergzebra.
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Der Deutsche Jagdverband nimmt Stellung zur Jagd in Namibia.