Anwohnern im Ort Hünxe, NordRhein-Westfalen gelang es, zwei Wölfe auf der Jagd zu filmen. Nun sorgt das Video für Aufsehen unter Jägern und Anwohnern der Region.
Es sind beeindruckende Aufnahmen. Direkt vor dem Heckenzaun einer jungen Familie kämpft ein Hirsch um sein Leben. Zwei Grauhunde bedrängen das Stück. Sie versuchen immer wieder, an die Läufe zu gelangen. Doch der Hirsch wehrt sich mit den Vorderläufen, kann die beiden Wölfe immer wieder zurückdrängen. Schließlich endet das Video abrupt.
Zwei Wölfe, davon einer unbekannt
Die Aufnahmen entstanden vergangenen Samstag am Wardweg in Hünxe. Der Ort liegt nördlich von Duisburg, zirka eine halbe Autostunde entfernt im Kreis Wesel.
Bisher war in dem Kreis nur ein bestätigter Wolf bekannt: GW954f, genannt Gloria. Bereits in der Vergangenheit konnten Gloria Risse in der Region nachgewiesen werden. Zuletzt Heiligabend 2019, in Hünxe. Genau dort, wo die Wölfin jetzt mit einem noch unbekannten Wolf den Hirsch stellte. Den zwei Wölfen konnte der Hirsch jedoch entkommen, erzählte Anwohner Dieter Mölleken dem WDR. „Er zog sich in den Wald zurück. Die Wölfe trotteten im gemütlichen Tempo den Berghang herunter.“ Der Hirsch soll leicht gehinkt und einen Vorderlauf geschont haben, erzählte der Anwohner.
Das ein neuer Wolf in der Gegend aktiv ist, befürchtete die Kreisjägerschaft bereits. Wie lange das Tier schon durch die Reviere streift ist jedoch unbekannt. Der NABU vermutet, es handelt sich um ein Jungtier, auf der Suche nach einem Revier. Sebastian Falke, Sprecher der Kreisjägerschaft, macht sich Sorgen, es könne sich ein neues Rudel in der Region etablieren. „Wir wollen den Wolf nicht verdammen, aber auch klarmachen, dass es sich bei ihm um ein unberechenbares Raubtier handelt. Seine Population sollte genau beobachtet und dann – im Bedarfsfall – auch reguliert werden“, sagte er gegenüber der Rheinischen Post.
Video löst Wolfstourismus aus
Von einer kuriosen Nebenwirkung des Videos erzählte dem JÄGER Michael Herbrecht, Revierförster in Hünxen. „Das Problem ist überhaupt nicht der Wolf, oder sogar mehrere. Das Problem im Moment ist die Bevölkerung.“ Plötzlich ist der Wald voller Menschen, die mit Kameras versuchen, die Wölfe zu fotografieren. Dabei ist der Wald aufgrund der Corona-Krise bereits stärker als normal besucht. Die Menschenansammlungen und Fotopirschler halten sich nicht an ausgezeichnete Wege und laufen kreuz und quer durch den Wald. „Wir haben doppelt so viele Waldbesucher wie bisher. Das ist einem Rotwildrevier natürlich absolut abträglich.“
Als Vorsitzender des Rotwildhegebereichs koordiniert Michael Herbrecht die Rotwildhege von über 40 Revieren. 260 Stück Rotwild insgesamt stehen auf dem Abschussplan. Wolfstouristen und der Wolf machen den Pächtern nun die Erfüllung des Abschussplans schwer. „Wir haben von einigen Revierinhabern die Rückmeldung bekommen, das es deutlich schwieriger ist, an das Rotwild ranzukommen, weil der Wolf im Revier ist,“ erzählt Michael Herbrecht. Die Menschenansammlungen tun ihr übriges und beunruhigen das Wild weiter.
Rotwild bildet Großrudel, gefährdet Straßenverkehr
Die Wölfe im Rotwildbereich sind aber nicht nur für Tiere eine Gefahr. Große Rudelzusammenschlüsse gefährden den Verkehr in der Region. „Das ist hier tatsächlich in letzter Zeit häufiger vorgekommen, das aus zahlreichen kleineren Rudeln ein Mega-Rudel wird“, sagt Michael Herbrecht. Diese stellen ein Risiko da, sobald Sie die zahlreichen Landstraßen queren. Ein Video, aufgenommen durch einen Anwohner, zeigt das Ausmaß: Über 70 Stück laufen gefährlich nah einer der Hauptverkehrsstraßen der Gegend entlang. „Wir haben schon zu viele Unfälle hier. Zum Glück war das tagsüber,“ sagt Michael Herbrecht.
Umweltministerium prüft Sachverhalt
Das Bild- und Video-Material zur der Wolfsattacke liegt inzwischen auch dem nordrhein-westfälischen Umweltministerium vor. Die Aufnahmen wurden dem Landesumweltamt zur Prüfung weitergeleitet, wie ein Sprecher des Ministeriums mitteilte. „Bisher können keine belastbaren Aussagen zu dem Sachverhalt getroffen werden, zum Beispiel zur Verifizierung des Standortes, um welche Tiere es sich konkret handelt oder ob sie sich natürlich verhalten“, so der Ministeriumsprecher gegenüber der Rheinischen Post.
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