Schutzstatus Wolf auf dem Prüfstand
Der Schutzstatus des Wolfs in der Europäischen Union steht möglicherweise vor einer bedeutenden Veränderung. Aktuell sind Wölfe nach EU-Recht vor dem Abschuss geschützt, da sie als gefährdete Art gelten. Der Wolf wird momentan in Anhang IV der FFH-Richtlinie geführt und zählt somit zu den streng geschützten Arten. Immer wieder wird darüber gerungen, ob die Wolfspopulation in verschiedenen Mitgliedsstaaten nicht den günstigen Erhaltungszustand erreicht hat oder nicht. Denn somit wäre eine Überführung des Wolfes in Anhang V zu den weniger streng geschützten Arten möglich. Ein momentan nur auf Einzelgenehmigungen basierendes Wolfsmanagment, das eher einem Flickenteppich entspricht, könnte dann durch ein Gesamtkonzept abgelöst werden. Eine geordnete Bejagung des Wolfes in bestimmten Regionen könnte möglich werden. Bei den Treffen der zuständigen Minister auf EU-Ebene wurde dies bis jetzt allerdings immer abgelehnt.
Wolfsbejagung: neue Signale aus Brüssel
Doch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich nun grundsätzlich offen dafür gezeigt, den strengen Schutzstatus des Wolfes abzusenken. Die EU sammelt derzeit Daten über die Wolfspopulationen. Sollte sich herausstellen, dass es in einzelnen Regionen zu viele Wölfe gibt, könnten sie in Zukunft gejagt werden. Bei einer gemeinsamen Sitzung mit dem bayerischen Kabinett in München äußerte von der Leyen, dass es wichtig sei, die gefährdete Art zu schützen, aber auch die Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort zu beachten. Es sei naheliegend, dass die Populationsdichte des Wolfes in urbanen Gegenden wie dem Ruhrgebiet anders sei als in ländlichen Regionen in Bayern oder Niedersachsen. Managementmaßnahmen müssen dementsprechend angepasst werden.
Wolfspopulation: es braucht Daten
Aktuell beruht der Schutz des Wolfes auf vorgelegten Zahlen zur Populationsentwicklung. Die EU-Kommission strebt jedoch eine detaillierte Datensammlung aus den Mitgliedsstaaten an, um ein klareres Bild der Realität vor Ort zu erhalten. Von der Leyen appellierte daher an alle EU-Staaten, Wolfsdaten zu übermitteln, damit eine fundierte Anpassung der Gesetze möglich wird. Mit einer weltweit beeindruckenden regionalen Wolfsdichte melden Bundesländer wie Brandenburg und Niedersachsen Zweifel an der Notwendigkeit von besonderem Schutz des Wolfes an. Niedersachsens Umweltminister Meyer galt bisher eher als Verfechter des Wolfsschutzes. Nun musste aber auch er angesichts stark steigender Risszahlen in Niedersachsen einräumen, dass der Abschuss einzelner Problemwölfe keine Lösung für das Wolfsproblem ist. Meyer sprach in diesem Zusammenhang von einem zukünftigen „adaptiven Wolfsmanagment“.
Aber auch die Landnutzerverbände beteiligen sich konstruktiv an der Diskussion. So hat das Aktionsbündnis Forum Natur einen eigenen Entwurf für ein praxisnahes Wolfsmanagement erarbeitet. Interessanterweise beginnt dieser mit einem Zitat aus dem aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung: „Wir werden durch eine Überarbeitung der Monitoringstandards die Anzahl der in Deutschland lebenden Wölfe realitätsgetreu abbilden und wollen den Ländern europarechtskonform ein regional differenziertes Bestandsmanagement ermöglichen.“. Eigentlich ja genau das, was momentan gebraucht wird.
Wolfsbejagung: Im Alpenraum möglich
Das der Wolf im Alpenraum noch weniger willkommen ist, als in anderen Teilen Deutschland, ist kein Geheimnis. Deutlich hatten sich Landespolitiker gegen den Wolf in Gebieten mit Almwirtschaft ausgesprochen. Bayern hat bereits zum 1. Mai eine eigene Verordnung erlassen, die einen leichteren Abschuss von Wölfen erlaubt, wenn sie sich Menschen auf unter 30 Meter nähern oder sich über mehrere Tage in der Nähe von geschlossenen Ortschaften, Gebäuden oder Stallungen aufhalten. Gegen diese Regelung hat der Bund Naturschutz in Bayern Klage eingereicht und fordert die Aufhebung zugunsten einer Fortführung des hohen Schutzstatus. In anderen europäischen Regionen wie Tirol sind bereits Sonderregeln zum Abschuss des Wolfes in Kraft. Es wurden bereits Wölfe erlegt.
Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung das politische Pendel beim Thema Wolf ausschlägt. Äußerst kontraproduktiv, auch im Sinne der Meinungsbildung, ist jedoch Selbstjustiz.