Ermittlungsarbeit bei vermeintlich illegalen Wolfstötungen
Nachdem Mitarbeiter des Veterinäramtes und der Unteren Naturschutzbehörde sich davon überzeugt haben, dass es sich tatsächlich um einen Wolf handelt, beginnt die kriminalistische Arbeit. Diese unterscheidet sich in den Anfangsstadien kaum von einer Mordermittlung.
Der Tatort wird fotografiert, abgesperrt und Spuren werden aufgenommen. Nur ist es symptomatisch für illegale Wolfstötungen, dass es so gut wie keine Spuren gibt. Es gibt keine Zeugen, nur ein paar Reifenspuren – und das auch nicht immer. Die Polizei vor Ort nennt solche Fälle inzwischen lapidar „Kadaverimport“. Denn die toten Tiere werden in komplett anderen Landkreisen geschossen und viele Kilometer gefahren, um den ursprünglichen Erlegungsort zu verschleiern.
Das funktioniert – wie die Aufklärungsquote in Deutschland zeigt – sehr gut. Besonders die Straße im Wendland ist gut gewählt. Durch die Baustelle fahren weniger Autos als normalerweise. Wer kann, benutzt die Umleitung. Gleichzeitig ist es nicht verdächtig, wenn ein Auto vor einer Absperrung hält. Der Mensch sieht, was er sehen möchte. Und keiner vermutet als erstes einen Wolfstöter. Nach Ulrich C. hängen deswegen auch im Wendland „die Polizisten mit den Ermittlungen ziemlich in der Luft.“
Der Versuch illegale Wolfstötungen zu beweisen
In solchen Fällen gibt es nur noch den Wolf selbst als Spur.
In der Hoffnung, verräterische Faserreste von der Kleidung des Täters zu finden, wird der tote Wolf aus dem Wendland in einer klebenden Folie eingerollt. So sollen neben Faserresten auch DNA-Spuren kleben bleiben. Aber um das Innerste des Tieres zu ergründen, wird der Wolf isoliert, luftdicht verpackt und nach Berlin geschickt. Denn Berlin ist die Heimat des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW).
Das renommierte Institut forscht eigentlich in Artenschutzfragen. Über das letzte Jahrzehnt hat es sich aber noch eine weitere Kompetenz angeeignet: die Sektion von Wölfen. Wenn ein Wolf in Deutschland tot aufgefunden wird, egal ob im tiefsten Bayern oder an der Grenze zu Dänemark, werden Forscher des IZW ihn in wenigen Tagen auf dem Sektionstisch liegen haben. Mit Computertomografie, DNA-Analysen und Elektronenmikroskopie wird das Tier auseinandergenommen und sein Ableben ergründet.
Im Wendland trifft das Gutachten zwei Wochen nach Einsendung ein. Die DNA-Analyse bestätigt, was die Polizei schon vermutet hat: Der Wolf ist nicht ansässig, sondern stammt vermutlich aus den neuen Bundesländern. Besonders wertvoll für die Ermittlungen ist, was die Forscher während ihrer Sektion aus dem Körper des Wolfes gewinnen: Geschossreste. Der Wolf wurde vom Boden aus beschossen, ein perfekter Blattschuss. Ob Kugelfang gegeben war, ist im Nachhinein nicht mehr festzustellen.
Warum illegale Wolfstötungen meist ungesühnt bleiben
Durch Fernsehkrimis entsteht oft der Eindruck, dass ein gefundenes Geschoss reicht, und mir nichts dir nichts ist der Täter überführt. Dem ist definitiv nicht so.
Für die Analyse der Geschosse und Geschossfragmente sind die Schusswaffenerkennungsdienste zuständig. Dieser Teilbereich der Kriminalistik hat sich ganz der Ballistik und Waffentechnik verschrieben. Jedes Landeskriminalamt hat einen eigenen dieser Dienste. Sind am Tatort Hülsen und Munitionsreste sowie eine Waffe vorhanden, wird der Schusswaffenerkennungsdienst des Landeskriminalamts tätig.
Die mögliche Tatwaffe wird mit Munition geladen, und es werden Schüsse in ein Wasserbecken abgegeben. Das dort aufgefundene Geschoss offenbart die eigentlichen Hinweise: Spuren, die zum Beispiel Züge und Felder des Laufs auf dem Geschoss hinterlassen haben. Unter dem Lichtmikroskop können individuelle Abriebe und Rillen, die mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen sind, auf diese Weise ein Muster erzeugen, das ein genaues Zuweisen zur Tatwaffe ermöglicht. Das Problem: Bei illegalen Wolfstötungen liegen aber weder Tatwaffe noch Munition einfach am Tatort.