Jetzt hat es „Kurti“, oder MT6 wie er in Fachkreisen heißt, endgültig übertrieben. Der Munsteraner Wolf, der seit Monaten die Nordheide in Atem hält, soll nun doch der Wildbahn entnommen werden.
Alle Versuche, den aufmüpfigen Wolfsrüden, der sich einfach nicht an die vom NABU erstellten Regeln für eine Erdbeerwelt in der Raubtiere sich an Förderichtlinien und Gesetze halten will, wieder einzunorden sind gescheitert. Das musste nun auch die Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, Almut Kottwitz erkennen und unterrichtete den Umweltausschuss am vergangenen Montag davon, dass das Ministerium seine Entnahme angeordnet hat. So heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung des Ministeriums.
MT6‘s Strafregister ist lang, mal treibt er sich in der Nähe von Siedlungen und Flüchtlingsheimen rum, dann reißt er Nutztiere, verfolgt Mütter mit Kinderwagen und hat nun schon zum zweiten Mal einen Hund aufs Korn genommen. Irgendwie schaffte es das intelligente Tier sogar sein Sendehalsband außer Gefecht zu setzen, um dem Überwachungsstaat und den deutschen Wolfexperten entgehen zu könne. Das soll nun nicht länger geduldet werden. Er wird zur Gefahr des harmlosen Wolfsbildes als scheuer Waldbewohner, das als Teil der „Willkommen Wolf“-Kultur gepredigt wird.
Wurden seine früheren Annäherungsversuche noch als spielerische Eigenart eines Jungwolfes abgetan und die Aggressivität gegenüber Haushunden als unbeholfene Paarungsversuche eingeschätzt, ist das Maß nun offenbar voll. Dabei hatte man nichts unversucht gelassen. Während sich der Rest der Welt mit Krieg, Flüchtlingen und Terroranschlägen beschäftigte, diskutierte man monatelang in Ausschüssen, sogar mehrfach im Niedersächsischen Landtag, und rang sich schließlich zu einem ungewöhnlich entschlossenen Aktionismus durch – man flog den schwedischen Wolfsbeschwörer Jens Karlsson vom Swedish Wildlife Damage Centre in Grimsö ein.
Aber auch seine revolutionäre Methode, dem verhaltensauffälligen Grauhunde wieder gesellschaftskonformes Verhalten bei zu bringen, die vor allem aus Klatschen und Schreien im Wald bestand, scheiterte. Selbst die Versuche, das Problem durch Schuldzuweisungen zu lösen, war nicht von Erfolg gekrönt. Obwohl mehrfach durch Umweltminister Wenzel betont wurde, dass von dem Wolf keine Gefahr ausginge, war man sich zuletzt offenbar nicht mehr so sicher. Dabei hatte man doch extra zusätzlichen Expertenrat eingeholt. Vermutlich hatte man insgeheim gehofft, das Problem löse sich irgendwann von allein. Wer jedoch Spaziergängern folgt und wiederholt Hunde beißt, dem kann man nicht länger trauen. Nicht auszudenken, wenn echte Wissenschaftler mit Wolfserfahrung am Ende Recht behalten sollten und Wölfe zur Gefahr in der Kulturlandschaft werden könnten. Nicht nur für hunderte Schafe, Autofahrer, sondern auch für Spaziergänger, Reiter und spielende Kinder.
Schweren Herzens muss es gewesen sein, als man darüber übereinkam, dass MT6’s Verhalten einfach nicht mehr zu tolerieren sei. Scheinbar weist er trotz Wenzels und Kottwitz mehrfacher Betonung doch ein gewisses Gefährdungspotential auf und untergräbt damit die Akzeptanz des Rückkehrers Wolf.
Jetzt kann man das Klagegeschrei der Wolfsenthusiasten fast schon hören.
Aber halt. Es gibt Entwarnung. In unsere Land wird niemand so einfach zum Tode verurteilt, auch MT6 nicht. Die Todesstrafe wurde in Deutschland 1949 abgeschafft, mittlerweile auch für Wölfe. Stattdessen soll der Wolf nach reiflicher Überlegung zwar der Natur entnommen werden, aber nur durch Betäubung. Anschließend soll er sein Leben hinter schwedischen Gardinen verbringen, in einem Gehege. Wo sich dieses Gehege befindet, und ob dafür schon ein Antrag gestellt wurde, ist noch nicht bekannt. Bei der ursprünglichen Besenderung war dies nämlich vergessen worden, ohne weitere Konsequenzen.
Jedenfalls wird uns MT6 erhalten bleiben, und weitere Kosten verursachen. Aber mit unnötigen Kosten kennt man sich beim Thema Wolf schließlich aus, dafür wurde in Niedersachsen ja schließlich auch eine Doppelstruktur mit dem zusätzlichen Wolfsbüro zum bereits bestehenden Monitoringauftrag der Landesjägerschaft geschaffen.
Die Entnahme des Wolfes ist sicher überfällig, dass sich das Ministerium aber nach wie vor nicht dazu durchringen kann eine vernünftige Entscheidung zu treffen, ist nur ein weiteres Symptome des Versagen im Umgang mit dem Thema Problemwolf. Einen wildgeborenen Wolf in ein Gehege zu verbringen und ihm den Stress der Gewöhnung an die Gefangenschaft auszusetzen, führt den Tierschutzgedanken trotz mangelnder Distanz zum Menschen ad absurdum. Da eine Vergesellschaftung mit anderen Gehegewölfen kaum möglich sein dürfte, wird er den Rest seines Lebens in Einzelhaft fristen müssen. Eine grausame Vorstellung für ein Rudeltier. So muss der Rüde, als Opfer einer Ausprobier-Politik und falsch verstandenem Artenschutz, für das reine Gewissen eines zahnlosen Wolfmanagements hinhalten und könnte der erste von vielen weiteren sein.
Mit einer ständig steigenden Wolfspopulation ist kaum mit einer Entspannung in Sachen Nutztierrisse und Gewöhnung an den Menschen zu rechnen. Vielleicht baut man gleich einen ganzen Park. Dann könnten die Menschen den Wölfen endlich wieder nah sein, und müssten sich nicht auf geführten, kostspieligen Wolfswanderungen um jeden gefundenen Losungshaufen streiten. Wenigstens können jetzt alle ruhig schlafen gehen. In Deutschland hat kein Wolf etwas zu befürchten – egal wie er sich benimmt.