Seit mehreren Jahren sorgt der Wolf hierzulande für kontroverse Diskussionen. Doch ist das Raubtier kein regionales Problem, wie jetzt ein tragischer Vorfall zeigt:
In Uttar Pradesh, Indien, sind mehr als 150 Polizisten und Forstbeamte im Einsatz, um ein Wolfsrudel zu fangen. Dieses soll für den Tod von neun Menschen, darunter acht Kinder, verantwortlich sein. Drohnen unterstützen die Suchaktion. Die Angriffe haben in den letzten zwei Monaten stattgefunden, zuletzt wurde ein sechsjähriger Junge vor seinem Elternhaus von einem Wolf angegriffen und in letzter Minute von seiner Mutter gerettet.
Der Wolf löst in Indien große Panik aus
Der Regierungschef von Uttar Pradesh, Yogi Adityanath, hat angeordnet, die Wölfe „um jeden Preis“ zu fangen. Bisher konnten vier Tiere eingefangen werden. In der Region Bahraich sind die Bewohner sehr verängstigt und halten inzwischen Nachtwachen, um sich vor den Raubtieren zu schützen. Sie setzen Wachhunde ein oder zünden Feuerwerkskörper, um die Wölfe fernzuhalten.
Experten erklären, dass Wölfe den Menschen unter normalen Umständen nicht häufig gefährlich werden. Sie greifen Menschen eigentlich nur als letzten Ausweg an, wenn sie keine Nahrung finden. Die jüngsten sintflutartigen Regenfälle haben das Revier der Wölfe allerdings überschwemmt, was sie dazu zwang, in besiedelte Gebiete vorzudringen. Dies habe laut Ajeet Kumar Singh, der an der Wolfsjagd beteiligt ist, zu einem „Mangel“ geführt, der die Tiere in die Nähe von Menschen getrieben habe.
Indien beherbergt rund 3000 Wölfe, von denen die Mehrheit außerhalb von Schutzgebieten lebt. Aufgrund schrumpfender Lebensräume und fehlender Beutetiere ist ihre Zahl zurückgegangen. Die jüngsten Vorfälle haben auch im benachbarten Bundesstaat Bihar zu Panik geführt, wo ein Schakal, fälschlicherweise für einen Wolf gehalten, von einem Mob getötet wurde.
Welche Wölfe leben in Indien?
Der Pallipeswolf (CANIS LUPUS PALLIPES), oder Indische Wolf lebt in Indien und in den angrenzenden Gebieten. Er ist klein und feingliedrig und jagt alles was es zu fangen gibt. Sein Fell ist typischerweise gelbbraun, sandfarben, oder rötlich gefärbt und sehr kurz und dicht. Dies erklärt mitunter auch, warum ein Schakal für einen Wolf gehalten wurde. Die hier heimischen europäischen Grauwölfe (CANIS LUPUS LUPUS) sind größer, schwerer und haben einen graubraune Färbung – sie sehen dem Pallipeswolf damit weniger ähnlich.
Ist der Wolf auch in Deutschland für den Menschen gefährlich?
Generell gilt, wie beim Umgang mit fast allen Wildtieren: Vorsicht ist geboten, aber keine Panik. Informationen zum Gefahrenpotenzial vom Wolf liefert die Studie „The Fear of Wolves: A Review of Wolf Attacks on Humans“, die 2002 vom Norwegischen Institut für Naturforschung (NINA) veröffentlicht wurde: Demnach sind Übergriffe von Wölfen auf Menschen sehr selten. In der Vergangenheit gab es nur wenige Fälle, in denen gesunde Wölfe einen Menschen angegriffen oder gar getötet haben. Wolfsangriffe auf Menschen lassen sich vor allem auf drei Ursachen zurückführen: Tollwut, Provokation und Futterkonditionierung.
Die wahrscheinlichste Ursache für gefährliches Verhalten von Wölfen gegenüber Menschen in unserer Kulturlandschaft ist eine starke Gewöhnung an Menschen (Habituation), insbesondere durch Fütterung (Futterkonditionierung). Ein futterkonditionierter Wolf sucht aktiv die Nähe von Menschen, da sie positive Reize erwarten. Bleiben diese Reize aus, kann das zu aufdringlichem, dreistem und möglicherweise aggressivem Verhalten führen.
Vorfälle wie der in Indien zeigen jedoch auch: Raubtiere haben unter bestimmten Bedingungen das Potenzial, für den Menschen eine Gefahr darzustellen. Das Ignorieren solcher Gefahren kann mitunter schlimme Folgen haben. Die Gefahr, die von Wildtieren in bestimmten Situationen ausgehen kann, sollte daher