Wildschwein: Jäger erschießt Pferd – warum passiert so etwas?

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Ob im Altholz oder auf der Wiese, mit moderner Technik kann die Hinterlandgefährdung ausgeschlossen werden. Foto: Unsplash/Mikewildadventure

Am 7. Juli wurde in der Nähe von Schwallungen im Landkreis Schmalkalden-Meinigen ein Pferd erschossen. Ein Jäger hatte es mit einem Wildschwein verwechselt. Und immer wieder kommt es zu einzelnen Vorfällen wie diesem.
Doch warum passiert so etwas? Wir gehen der Frage nach, wie sich Jagdunfälle vermeiden lassen.

Wärmebildgeräte helfen, auch verdeckte Tiere auf der Koppel für das menschliche Auge sichtbar zu machen. Fotos: Kim Trautmann

Wie konnte es dazu kommen?

Zunächst einmal ist der Abschuss eines Pferdes anstelle von einem Wildschwein ein unverzeihlicher Fehler, der nur bei grobfahrlässigem Handeln passieren kann. Nicht nur ist ein solcher Jagdunfall mit großem Leid und Schmerz für die Eigentümer des Pferdes verbunden. Nein – er zeugt auch davon, dass große Fehler passiert sind, die einem durchschnittlichen Jäger bei Ausübung seines Handwerks nicht passieren.
Vollkommen gleich, ob bei Nacht oder Tag – Man kann und darf man ein Stück Wild nur dann erlegen , wenn man es hinsichtlich der Wildart, seines Alters und Geschlechts einwandfrei identifiziert hat. Andernfalls gibt man unter keinen Umständen einen Schuss ab. Das bedeutet im Fall des getöteten Pferdes, dass man entgegen jeglicher jagdlicher Grundsätze und des gesunden Menschenverstandes geschossen hat.

Denn wenn auf Schwarzwild, also Wildschweine, gejagt wird, was meist nachts geschieht, muss genauso wie bei jeder anderen Wildart festgestellt werden, um welches Tier welchen Alters es sich handelt. Das Hintergelände, also das gesamte Umfeld im Bereich des Kugelfangs, muss zudem frei sein. Das heißt, durch den Schuss darf weder eine Gefahr Mensch noch Tier im näheren Umfeld entstehen. Zudem muss das Tier einzeln stehen, sodass kein Verletzungsrisiko für andere Wildschweine in der Rotte besteht. Hinzu kommt, dass auch das Vordergelände, der Bereich zwischen Jäger und Wildschwein, nicht durch Steine oder Äste verdeckt ist. So kann ein Abprallen des Geschosses ausgeschlossen werden.
Der Einsatz moderner Wärmebildtechnik ermöglicht ein Erkennen von Wild sowie das Ausschließen einer Hinterlandgefährdung in einer deutlich größeren Zahl jagdlicher Situationen als bisher. Kann man eine Situation dennoch nicht überblicken oder einschätzen, weil beispielsweise hohe Vegetation oder Bäume das Blickfeld verdecken, darf man nicht schießen!

Unsicherheit sollte zu Abbruch der Situation führen

Die einzig denkbare Situation, in der der Waidmann das Pferd mit einem Wildschwein verwechselt haben kann ist also, wenn Teile des Tierkörpers von Ästen, Bäumen oder Büschen verdeckt waren. Auch das sieht man im Wärmebildgerät und kann, wenn ein Tier nicht eindeutig zu erkennen ist, abbrechen.
Ein entscheidender Faktor ist bei schlecht einsehbarem Terrain zudem die Ortskenntnis. Gibt es Bereiche im Revier die irgendwie verdeckt sind, Koppeln, sonstige gefährdete Infrastruktur und Häuser, so müssen diese gerade vor der Nachtjagd alle bekannt sein. Diese werden dann gemieden oder es wird nur von ihnen weg gejagt.

Obwohl diese in Bewegung waren und die Entfernung bei über 200 m lag, sind die Sauen gut zu erkennen.

 

Ist die moderne Technik schuld?

Oft werden Rufe laut, mit moderner Technik werde schlecht geschossen oder zu viel gejagt. Nachtsichttechnik, aber insbesondere Wärmebildtechnik bietet dem Jäger die Möglichkeit, bei absoluter Dunkelheit zweifelsfrei zwischen einzelnen Tieren unterscheiden zu können. Dadurch besteht auch die Möglichkeit, deren Alter und Geschlecht zu bestimmen sowie eine Gefährdung Dritter auszuschließen.
Das heißt also, dass sich die Jagd auch bei Nacht absolut sicher ausüben lässt, wenn man die im Verkehr erforderliche Sorgfalt an den Tag legt.

Wie können Jagdunfälle verhindert werden?

Um eine Gefährdung Dritter sowie anderer Tiere bei der Jagd ausschließen zu können gibt es einige Verhaltensregeln, die dringend zu befolgen sind:

  • Das Tier muss man einwandfrei hinsichtlich seiner Art, seines Geschlechts identifizieren (ansprechen)
  • Der Platz, an welchem man das Tier erlegt, muss maximale Sicherheit für das gesamte Umfeld bieten. Das heißt, wenn das Gelände eben ist, muss man von einer erhöhten Ansitzeinrichtung (Hochsitz) schießen, zudem muss das gesamte Umfeld (Hintergelände) einsehbar sein. Sind Wege in der Nähe, verdeckt Vegetation den Bereich hinter dem Tier, so darf man nicht schießen.
  • Von Gebäuden, sonstigen Anlagen oder etwa Nutzieren auf der Koppel jagt man immer weg, da bei einem Schuss auch Geschossfragmente den Bereich neben dem zu erlegenden Tier gefährden können.
  • Bei der Nachtjagd ist der Einsatz qualitativ hochwertiger Wärmebildtechnik sowie ggf. Nachtsichttechnik auf der Zieloptik geboten. Denn ohne ein klares Bild lassen sich weder die Wildschweine oder Füchse, noch eventuell gefährdete Dritte, Gebäude oder andere „Wärmequellen“ erkennen und berücksichtigen.

Ist die Wildschweinjagd besonders gefährlich?

Nein, die Jagd auf ein Wildschwein ist nicht besonders gefährlich. Zumindest dann nicht, wenn man sie ordnungsgemäß ausübt. Die Gefahr durch einen abgegebenen Schuss betrifft vor allem den Bereich unmittelbar um das zu erlegende Wildtier.
Das heißt, außer in einem kleinen Areal hinter und seitlich des Wildkörpers, welches der Jäger überblickt und auf Sicherheit überprüft, besteht keine Umlandgefährdung. Die Kugel verschwindet nach dem Schuss im Erdboden und gibt dort ihre überschüssige Energie ab.
Das bedeutet, dass es sich bei den geschossenen Pferden um ein grob fahrlässiges Identifizieren der Wildtiere und damit um wirklich seltene Einzelfälle handelt.
Wenngleich es sich um schwerwiegende Fehler bei der Jagdausübung handelt, ist die Gefahr, die von der Jagdausübung ausgeht, wesentlich geringer als die Gefahren, die durch den unsachgemäßen Gebrauch eines PKW im Straßenverkehr tagtäglich für Mensch und Tier lauern.