Rund 125-135 erwachsene Luchse sowie 59 Jungtiere leben laut Statistiken des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) aktuell in Deutschland. Das Vorkommen verteilt sich dabei etwa zu gleichen Teilen auf die Gebiete Pfälzerwald, Harz und Bayrischer Wald. Aufgrund der großen räumlichen Distanz zwischen den Gebieten besteht kein Austausch zwischen den drei Populationen und es droht genetische Verarmung. Lösung des Problems könnte die Ansiedlung einer Luchspopulation im zentral gelegenen Thüringer Wald sein.
BUND plant Auswilderungsprojekt
Bei einem gemeinsamen Projekt des BUND Thüringen und der Universitäten Göttingen und Freiburg wurde durch eine Computersimulation zur Luchsausbreitung festgestellt, dass auch in 25 Jahren die natürliche Wiederbesiedlung des Thüringer Waldes sehr unwahrscheinlich ist. Grund dafür ist das, im Vergleich zu ihren männlichen Artgenossen, weniger stark ausgeprägte Wanderungsverhalten der weiblichen Luchse. Zwar durchstreifen gelegentlich einzelne männliche Luchse die Wälder Thüringens, doch ohne Weibchen können sie keine Population gründen.
Aktuell prüft der BUND die Möglichkeiten eines Auswilderungsprojektes im Thüringer Wald. Eine dort lebende Population würde die Luchse aus dem Harz und Bayern miteinander vernetzten. Zudem könnten sich die Luchs ausgehend vom Thüringer Wald auf natürliche Weise weiter ausbreiten und neue Lebensräume besiedeln.
Luchs: 100 Jahre lang ausgerottet
Nach dem letzten Abschuss eines Luchses im Jahre 1850 in den Bayrischen Alpen galt die Kleinkatze für gut 100 Jahre in Deutschland als ausgerottet. Erst in den 1950er Jahren wanderten wieder vereinzelte Exemplare aus den Nachbarländern ein und in den 1970er Jahren begannen erste aktive Wiederansiedlungsprogramme. Neben der großen räumlichen Distanz zwischen den einzelnen deutschen Luchspopulationen, wird das Vorkommen vor allem durch den Straßenverkehr sowie illegale Tötungen gefährdet.
Ist der Luchs ein Konkurrent für den Jäger?
Der Luchs ist ein Pirsch- und Lauerjäger, der nah an seine Beute heranschleicht und selten die Verfolgungsjagd auf Distanzen von über zehn Metern aufnimmt. In Deutschland besteht der Großteil seiner Nahrung aus Rehen, von denen er alle fünf bis sieben Tage eins erbeutet. Was der Luchs nicht direkt frisst, verblendet er und kehrt daher über mehrere Tage regelmäßig zu seinem Riss zurück. Bei durchschnittlich 50 erbeuteten Rehen pro Jahr und Luchs sind die etwa 200 in Deutschland lebenden Luchse für den Tod von ca. 10.000 Rehen verantwortlich. Zum Vergleich: Bei Verkehrsunfällen kommen jedes Jahr etwa 20-mal so viele Rehe ums Leben.
Hinzu kommt eine Reviergröße von 8.000 bis 20.000 ha bei Katzen und 15.000 bis 40.000 ha bei Kudern. Aufgrund der Jagdstrategie haben die Luchsreviere auch bei gutem Nahrungsangebot eine hohe Mindestgröße. Denn nach jedem Jagderfolg zieht der Luchs mehrere Kilometer, ehe er erneut ein Reh reißt, um auf neue unaufmerksame Beutetiere zu treffen. Auch in etablierten Luchsgebieten wird somit pro Jahr nur etwa ein Reh auf 100 ha Revierfläche gerissen.
Statt die Auslöschung des eigenen Rehwildbestandes zu fürchten, sollte der Jäger sich der erhöhten Biodiversität erfreuen und kann sogar beim Bestandesmonitoring mithelfen. Wer zufällige Wildkameraaufnahmen von einem Luchs hat, kann diese Forschungsprojekten, die unter anderem die Ausbreitung und Wanderungsbewegung der Raubkatze untersuchen, zur Verfügung stellen. Denn durch das individuelle Fleckenmuster kann jeder Luchs eindeutig identifiziert werden.
Für die deutsche Artenvielfalt
Dies ist ein Lösungsweg zur Rettung der Luchse in Deutschland. Bei uns gibt es ein paar wenige Räuber und diese sind auch noch regional begrenzt. Sollte nun das Auswilderungsprojekt starten, müsste im Vorhinein klare Grenzen und Regeln zwischen allen Interessenvertretern debattiert und festgelegt werden, damit nicht eine zweite Baustelle wie bei der Wolfsthematik aufgemacht wird. Beim Luchs gibt es nun noch die Chance dazu. Im Sinne der Artenvielfalt ist der Luchs ein Zugewinn, wenngleich er keine Überhand nehmen darf. Ihn gilt es bei ausreichender Population ebenso zu bejagen, wie Fuchs oder Waschbär.