Hirsche als TBC-Überträger verdächtigt

Jäger aus dem Oberallgäu wehren sich
gegen vermehrte Rotwildabschüsse zur Untersuchung. Bauern fürchten Ansteckung ihres Viehs
auf den Almen.

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Bis 2011 war die Tuberkulose aus deutschen Viehbeständen verschwunden, aber seit zwei Jahren gibt es wieder infizierte Rinder in Bayern. Im Allgäu um Sonthofen fanden Fleischbeschauer die Bakterien in untersuchten Tieren, was unter anderem zur vorsorglichen Keulung ganzer Herden führte. Milchwirtschaft und hochwertiges Rindfleisch sind die Haupteinnahmequellen der Landwirte im Alpenraum und daher sehen die Bauern die Rückkehr der Tierseuche mit großer Besorgnis. Wie die Bakterien in deutsche Ställe zurückkehrten ist noch unbekannt, aber da auch in untersuchten Rotwildproben ein genetisch identischer TBC-Erreger gefunden wurde, gilt die gegenseitige Ansteckung auf Almen, die von Vieh und Wild genutzt werden, als wahrscheinlichste Möglichkeit. Daher wurde in der ebenfalls von TBC heimgesuchten Region im benachbarten Tirol im Jagdjahr 2010/11 massiv in den Rotwildbestand eingegriffen, woraufhin weniger auf den Almen gesömmerte Rinder erkrankten.

Jägerschaft wehrt sich gegen hohe Abschussvorgaben

Angeregt durch die SPD-Landtagsabgeordnete Maria Noichl beschäftigt sich nun auch die bayerische Politik der Problematik. Der Sonthofener Landrat Gebhart Kaiser (CSU) bemängelte, dass die Jägerschaft angesetzte Abschusszahlen beim Rotwild nicht erfüllt hätte. Für das neue Jagdjahr denkt er an eine starke Erhöhung der Streckenvorgaben. Unausgesprochen, aber stets im Hintergrund ist ein Verweis auf das österreichische Tirol. Im Nachbarland zierten sich die Jäger, den allerdings viel höheren Rotwildbestand zu verringern. Erst die Drohung, das Wild in den Wintergattern zu keulen, ließ die Jäger vermehrt zur Büchse greifen. Dennoch positionieren sich die Jäger im Oberallgäu und verweisen auf den geringeren Durchseuchungsgrad in den deutschen Rotwildbeständen. Auf einer Pressekonferenz der Hochwildhegegemeinschaft (HHG) Sonthofen sagte deren Vorsitzender, Erich Graf zu Waldburg-Zeil: Wir wehren uns, dass die Hirsche zu Sündenböcken gemacht und wir Jäger mit absurden Forderungen der Ämter nach pauschal 50 Prozent mehr Abschuss konfrontiert werden. Der Rotwildbestand im Oberallgäu wird auf rund 3000 Tiere geschätzt, 800 Proben von erlegten Tieren wurden zur TBC-Untersuchung eingesandt. Bei 19 Proben wurde der TBC-Erreger gefunden, weshalb nicht von einer Seuchen-Epidemie gesprochen werden könne.

Berufsjäger gegen Gatterabschüsse

Je nach Witterung werden die Rotwildgatter im April oder Mai geöffnet, denn die hochbeschlagenen Tiere wollen zu ihren gewohnten Einständen, um dort ihre Kälber zu setzten. Die Zeit, weiteres Rotwild zur Probengewinnung aus den Gattern zu gewinnen, wird knapp. Gegen diese Art von Vorgehen widersetzt sich der Bund Bayerischer Berufsjäger (BBB). Die Erlegung von Rotwild im Gatter sei schädlich, da überlebende Tiere aus dem Tod ihrer Artgenossen lernen würden und im nächsten Herbst nicht mehr in die umzäunten Areale zurückkehrten. Daher fordert der BBB eine fortlaufende Beprobung der in der regulären Jagdsaison erlegten Tiere. Berufsjäger und Pächter aus dem Oberallgäu erwarten recht skeptisch eine Stellungnahme des Bayerischen Amtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), welche in den nächsten Wochen erwartet wird.

TP