Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere sind inzwischen keine Seltenheit mehr. Dass ein Wolf fünf Pferde in einem Offenstall angreift und verletzt ist allerdings immer noch eine Seltenheit.
Schock am Morgen
Als Larissa Glass ihre morgendliche Runde über den Hof im Landkreis Aurich dreht und den Offenstall der Pferdehaltung betritt, sieht sie sofort, dass etwas nicht stimmt. Die sonst so vertrauten Tiere sind absolut verstört und teilweise ausgebrochen. Ein Kaltblut und zwei Shetlandponys haben den stromführenden Zaun durchbrochen und ein Pferd scheint ganz verschwunden. Die Pferdebesitzerin findet das Tier im Mistabteil des Stalls. Dieser Bereich ist eigentlich für die Tiere gesperrt. Das Pferd scheint in einer Panikattacke alle Barrieren überwunden zu haben und steht bis zur Bauchlinie im Mist.
Wolf verletzt fünf Pferde teils schwer
Erst langsam kann sich Glass einen Überblick verschaffen. Die Pferde sind stark verdreckt und das im Mistabteil festsitzende Pferd muss zuerst mit vereinten Kräften freigeschaufelt werden. Was aber auffällt: alle Pferde haben teils tiefe Risswunden am Körper. Die junge Warmblutstute „Szasza“ hat im Bereich beider Kniegelenke tiefe, verdreckte Fleischwunden. Das Tier wird umgehend zur Behandlung in eine Tierklinik gebracht, denn eine unbehandelte Infektion der Wunden wäre lebensbedrohlich. Auch die Ponys weisen große Wunden an den Flanken auf. Es sieht aus, als hätte man sie lebendig fressen wollen.
Wolf als Verursacher bestätigt
Das zuständige Umweltministerium in Niedersachsen bestätigte den Vorfall und sieht vorerst den Wolf als Verursacher. Der zuständige Rissgutachter ist sich sicher. „Der zuständige Kammerförster hat aufgrund des vor Ort dokumentierten Rissbildes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit amtlich bestätigen können, dass es sich bei dem Verursacher um einen Wolf gehandelt haben muss.“ Obwohl die DNA-Proben noch nicht ausgewertet sind, spricht das Schadensbild offensichtlich eine so klare Sprache, dass das Ministerium den Wolf als einzig möglichen Verursacher sieht.
Pferdehaltung in Gefahr
Die Haltung auf dem Hof von Frau Glass orientiert sich an den Bedürfnissen der Pferde. Den Tieren steht ein Außen- und Innenbereich zur Verfügung und sie können sich frei bewegen. Dass der Wolf die Pferde in dem unmittelbar an das Wohnhaus angrenzenden Stall angreift, schien bis vor kurzem unvorstellbar. Vorfälle wie dieser stellen tierschutzkonforme Pferdehaltungen in Frage. Wolfsschutzzäune und Pferdehaltungen lassen sich nur sehr schwer vereinbaren. Die betroffenen Pferdehalterin soll nun Herdenschutzhunde erhalten, die ihre Pferde gegen Wölfe verteidigen.