Nach einem Angriff durch einen Braunbär in den fränzösischen Pyrenäen lebt die Debatte, um die Existenzberechtigung der Tiere wieder auf. Vergangenen Samstagnachmittag hat ein Braunbär einen Jäger überrascht und schwer verletzt. Der 70-jährige Jäger konnte das Tier mit zwei Schüssen erlegen, bevor schlimmeres passieren konnte.
Muttertier mit zwei Bärenjungen
Der 70-Jährige habe an einer Wildschweinjagd nahe der Gemeinde Seix teilgenommen, als er auf zwei Bärenjungen gestoßen sei. Beteiligte Jäger berichteten, dass die Bärin auf einmal „von hinten“ aufgetaucht und auf den Jäger losgestürmt sei. Der Präsident des Jagdverbandes im Departement Ariège, Jean-Luc Fernandez, führt aus: „Die Bärin hat ihn über 30 Meter weit mitgeschleift“. Der Mann erlitt schwere Verletzungen am Bein, darunter zerfetzte Haut, ein gebrochenes Wadenbein sowie aufgerissene Oberschenkelarterie. Nur durch den Einsatz einer anwesenden freiwilligen Feuerwehrfrau, die erste Hilfe leistete, konnte das Leben des Mannes gerettet werden. Er befindet sich nicht mehr in Lebensgefahr.
Ein Zusammenleben mit Braunbär sei unmöglich
Für Fernandenz bestätigt dieser Zwischenfall seine These: Das Zusammenleben von Bär und Mensch sei unmöglich. Die Präsidentin des Departements zeigt sich ebenso fassungslos und sieht die „Überpopulation“ der Bären als Ursache für den Unfall. „Diese Bären wurden ohne Absprache wieder eingeführt – und nun sind wir mit einer galoppierenden Vermehrung konfrontiert. Der Bär koexistiert nicht mit der menschlichen Aktivität“, meint die Politikerin bei einem Fernsehinterview. „Wir haben den Staat immer wieder auf die Gefahren der Anwesenheit von Bären hingewiesen. Ohne Erfolg. Von Paris aus gesehen mag die Wiedereinführung einfach aussehen. Aber das ist eine romantische und illusorische Vision.“
Politische Kontroverse um Braunbären
In den 1990er-Jahren hat Frankreich Braunbären aus Slowenien genommen, um die Bärenpopulation in den Pyrenäen vom Aussterben zu bewahren. Ein Verein, der dieses Programm seit 30 Jahren unterstützt, ist Pays de l’ours-Adet. Zu Ereignissen dieses Wochenendes spricht der Verein Bedauern um die Verletzungen des Jägers aus, möchte sich jedoch bis zu den Ergebnissen einer gerichtlichen Untersuchung abwarten.
Caramelles, l’ourse tuée par un chasseur, en compagnie de ses deux oursons (octobre 2021) : pic.twitter.com/my88F90UJT
— 🍏 Du pognon pour les profs! 💰 (@Ithyphallique) November 21, 2021
Jedoch nimmt der Tierschützerverein klare Stellung auf: „Wir fordern, dass die Umstände des Vorfalls aufgeklärt werden und auch, dass dies zu Schulungen für die Jäger führt. Es müssen Konsequenzen gezogen werden.“ So spricht sich die Vorsitzende des Vereins, Sabine Matraire für eine bessere Ausbildung für Jäger im Bezug zum Braunbären aus.
Der Präsident der Landwirtschaftskammer des Departements Ariège, Philippe Lacube, sieht die Situation jedoch anders. „Wir haben gesagt, dass es irgendwann passieren würde. Das wirft die Frage nach dem Leben in unseren Bergen auf. Stellen Sie sich vor, was passiert wäre, wenn diese Bärin auf einen Wanderer oder Schäfer gestoßen wäre“.
Wahrscheinlich bekannte Braunbärin „Caramelles“ getötet
Durch die Anwesenheit von zwei Jungen spekuliert man derzeit, ob es sich bei dem Braunbären um das 24-Jährige Weibchen „Caramelles“ handeln könnte. Sie sei nachgewiesener Weise mehr als ein Dutzend Pyrenäenbären geboren haben. Ihre Mutter Melba habe ein Jäger bei einer Treibjagd in 1997 getötet.
Sollten sie sich die Vermutungen bestätigen hinterließe sich noch zwei Jungen, im Alter von „acht oder neun“ Monate. Dies sei ein Alter, in dem sie bereits alleine Nahrung aufnehmen und ihre Höhle finden könnten. Bärenverbände haben jedoch das französische Amt für Biodiversität (OFB) dazu aufgefordert, die Bären zu beobachten und zu beschützen, bis die Winterruhe der Tiere beginnt.
Derzeit ist die Population von Braunbären in den Pyrenäen geschätzte 60 Tiere groß, wovon alleine 40 in Ariège leben. Dies sei jedoch nicht ausreichend, um den Fortbestand der Art sicherzustellen.
Quelle: euronews.de