JÄGER: Welchen Einfluss haben Naturschutzverbände wie NABU bei der Gestaltung von solchen Gesetzen?
Lindner: Wenn man das von SPD und Grünen beschlossene Gesetz und die Resolution der Natur- und Tierschutzverbände sowie die darin enthaltenen Mindestanforderungen an das neue Jagdrecht nebeneinander legt, findet man auffällig viele Übereinstimmungen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es dem grünen Minister mehr um die Erfüllung von Wahlversprechen und weniger um Waidgerechtigkeit ging.
JÄGER: Wieso lassen sich die Bürger gefallen, dass so viele sinnlose Gesetze erlassen werden, die kein Mensch braucht, die aber für so viel Bürokratie sorgen? Ein Beispiel ist doch das Verbot von Bleimunition, das niemandem nutzt, aber sehr wohl diverse Probleme mit sich bringt.
Lindner: Bleifreie Büchsenmunition ist nicht nur wegen ihres veränderten Abprallverhaltens und der davon ausgehenden Fremdgefährdung umstritten, auch die Belange des Tierschutzes werden wegen der oft geringeren Tötungswirkung missachtet. Die Erfahrungen der Jägerinnen und Jäger mit bleifreier Munition zeigen, dass Tiere leider oft länger leiden als bei der bewährten bleihaltigen Munition. In Nordrhein-Westfalen hat die CDU noch so getan, als würde sie den Tierschutz höher bewerten als grüne Panikmache. Jetzt fällt die Bundes-CDU den Jägerinnen und Jägern in Nordrhein-Westfalen mit dem Vorstoß einer „bleifreien“ Jagd in den Rücken.
JÄGER: Subjektiv erhält man den Eindruck, dass die Deutschen sich gerne gesetzlich bevormunden lassen. Siehe Rauchverbot in Kneipen, siehe Lebensmittel-Ampel, siehe grüne Ideologie. Was glauben Sie, muss passieren, damit sich das ändert? Wann gehen wieder mehr Menschen für ihre freiheitlichen Rechte auf die Straße?
Lindner: Der lautstarke Protest vor dem nordrhein-westfälischen Landtag gegen das rot-grüne Jagdrecht mit 15.000 Teilnehmern ist ein Zeichen der bürgerlichen Mitte, die für ihre Freiheit, für ihr Recht und ihr Eigentum demonstrieren. Die Menschen wehren sich zunehmend gegen die Gängelung und Bevormundung von SPD und Grünen. Die Landesregierung macht mit dem Jagdgesetz Politik gegen staatlich geprüfte Naturschützer. Und letztlich steckt ein von den Grünen forcierter grundlegender Paradigmen-Wechsel dahinter: nicht nur gegen die Jäger, sondern gegen die Rechte von Eigentümern insgesamt. Dagegen muss sich die Mitte der Gesellschaft wehren.
JÄGER: Die Grünen waren einst auch eine liberale Partei. Heute leiden sie unter dem Vorschreiber-Image, das selbst Robert Habeck jüngst anmahnte. Glauben Sie, dass die FDP sich ein grüneres Image zulegen sollte?
Lindner: Die FDP hat sich bereits für Umweltpolitik und Umweltschutz eingesetzt, als die Grünen noch anderen Zielen nachhingen. Hans-Dietrich Genscher war der erste Umweltminister Deutschlands. Umweltschutz ist eine wichtige Aufgabe, daher treten wir für Umweltschutz ein, aber eben nicht ideologisch. Deshalb versuchen wir – anders als die Grünen –, Umwelt- und Wirtschaftspolitik nicht gegeneinander auszuspielen. Die Grünen waren übrigens nie liberal – Freiheit ist für die nur ein Begriff, den sie immer mal wieder zu Werbezwecken aufs Schild heben.
JÄGER: Sind die knapp 400.000 Jäger für Sie ein interessantes Klientel?
Lindner: Wir Freien Demokraten machen Politik für die Mitte der Gesellschaft. Dazu zählen selbstverständlich auch die Menschen, die Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt übernehmen und sich ehrenamtlich engagieren, wie die Jäger.
JÄGER: Wie stehen Sie zum Wolf, dessen Ausbreitung derzeit von den Naturschutzverbänden gefeiert, von der betroffenen Landbevölkerung aber mit gemischten Gefühlen beobachtet wird?
Lindner: Das Verhältnis des Menschen zum Wolf ist ambivalent. Große Teile der Bevölkerung begrüßen die Rückkehr der Wölfe und sind fasziniert von der Tierart. Es ist ja auch schön zu sehen, dass wir in unserem dicht besiedelten Land wieder eine relativ intakte Natur haben, die auch großen Beutegreifern erlaubt, bei uns zu leben. Auf der anderen Seite bestehen aus vielen gut nachvollziehbaren Gründen Vorbehalte. Diese Sorgen müssen wir ernst nehmen und den Wolfsbestand, auch durch Jagd, dort regulieren, wo es notwendig ist.
JÄGER: Was glauben Sie, haben die Jäger in den letzten 30 Jahren versäumt? Warum sind sie so im Kreuzfeuer? Müssen Jäger mehr für ihre Rechte kämpfen?
Lindner: Leider haben die Jägerinnen und Jäger in den vergangenen Jahren nicht konsequent genug auf ihr vielfältiges und ehrenamtliches Engagement für Tier-, Natur- und Artenschutz aufmerksam gemacht. So konnten andere Gruppen die öffentliche Meinung prägen und einem der ältesten Naturschutzverbände den Rang ablaufen.
JÄGER: Was halten Sie von der Jagdgesetzesänderung in Nordrhein- Westfalen?
Lindner: Das Gesetz ist pure Ideologie. Es ist Ausdruck des Misstrauens von Rot-Grün gegen die Jagd. Menschen, die Verantwortung für Gesellschaft und Natur übernehmen, werden unter Generalverdacht gestellt und Politik gegen staatlich geprüfte Naturschützer gemacht.
JÄGER: Könnte es sein, dass auch ein Christian Lindner sich noch zum Jungjäger schlagen lässt?
Lindner: Das wäre reizvoll. Derzeit mangelt es aber schlicht an Zeit. Ich konzentriere meine ganze Kraft auf eine andere Aufgabe: Ich will die FDP im Jahr 2017 in den Bundestag zurückführen – denn Freiheit, Verantwortung und Soziale Marktwirtschaft müssen dort wieder Gehör finden.
JÄGER: Vielen Dank Herr Lindner für das Beantworten der Fragen.