Neue Wildseuche in Nordfjella in Norwegen entdeckt – Erster Fall von Chronic Wasting Disease in Europa bestätigt!
Die Prionenerkrankung Chronic Wasting Disease (CWD, Chronische Auszehrkrankheit) tritt erstmals in Europa auf. Wissenschaftler entdecken in Südnorwegen zufällig erkranktes Rentier und bestätigen in mehreren Tests, dass es sich um die tödliche Auszehrkrankheit handelt.
Erster Fall von CWC in Europa
Nach dem letzte Woche der erste europäische Fall von Chronic Wasting Disease bei einem weiblichen Rentier aus der Nordfjella Population in Südnorwegen bekannt wurde, ist die Beunruhigung groß.
Das besenderte Stück war im Süden Norwegens wegen seiner schlechten körperlichen Verfassung aufgefallen und verendete schließlich. Bei der nachfolgenden Untersuchung im Norwegischen Veterinärinstitut fielen die Routinetests zu CWD überraschenderweise positiv aus und konnten durch Folgetests bestätigt werden.
CWD – infizierte Stücke Schalenwild in den USA ©Wisconsin Department of Natural Resources
Tödliche Krankheit CWD
Die tödlich verlaufende Erkrankung war bisher nur aus den USA bekannt, wo sie Großteile der Populationen von Weißwedel-, Maultierhirsche und Wapitis betrifft. Der Fall in Norwegen ist nicht nur der erste Fall in Europa, sondern auch der erste nachgewiesene Fall bei einem Rentier überhaupt. Zwar wurde bis 2010 ein Monitoringprogramm der EU betrieben um eine Ausbreitung nach Europa zu vermeiden beziehungsweise schnell zu erkennen, dieses endete jedoch, weil die Risikolage damals als gering eingestuft wurde. Norwegen, als Nichtmitgliedsstaat der EU, führte das Monitoringprogramm jedoch weiter – zum einen wegen der hohen Wilddichten in Rentiergebieten und zum anderen, da es in dem Land in der Vergangenheit häufiger zu einer ähnlichen Erkrankung bei Schafen (Scrapie) gekommen sei. Einen gemeinsamen Notfallplan gibt es aber offenbar nicht.
Ähnlich wie BSE
Chronic Wasting Disease, zu Deutsch Chronische Auszehrkrankheit, ist eine tödlich verlaufende übertragbare spongiforme Encephalopathy (TSE), die der Rindererkrankung BSE und der Schafkrankheit Scrapie ähnlich ist, aber Cerviden befällt. Die Erkrankung wird durch Prionen verursacht. Prionen sind Proteine, die in zwei Formen vorkommen – einer gesunden, funktionalen Form und einer misgefalteten, nicht-funktionalen Form. Die misgefaltete Form zwingt das gesunde Prionenprotein in die nicht-funktionale Form und macht es so unbrauchbar.
CWD – infizierte Stücke Schalenwild in den USA©Wisconsin Department of Natural Resources
Diese Proteine sammeln sich in den Zellen des Nervensystems an, hauptsächlich im Gehirn. Bei hohen Ansammlungen unlöslichen Proteins sterben die Zellen nach und nach ab und hinterlassen die, für die Erkrankung typischen, löchrigen, schwammartigen Strukturen im Gewebe, die der Krankheit (Schwamm = Sponge) auch ihren Namen gegeben haben. Da die Inkubationszeit von Prionenerkrankungen zwischen Ansteckung und Auftreten der ersten Symptome von mehreren Monaten bis hin zu Jahrzehnten betragen kann ist die Diagnose und das Management der Krankheit schwierig.
Aus den USA importiert
CWD wurde erstmals im Jahr 1967 bei Gatterwild in Wisconsin, USA beschrieben. In den hohen Populationsdichten der Wildgatter breitete sich die Krankheit schnell aus und gelang schließlich auch in die freie Wildbahn. Erkrankte Tiere zeigen erst nach mehreren Monaten Symptome wie Apathie und zunehmende Abmagerung bis hin zum Tod. Die krankheitsverursachenden Prionen werden bei dieser TSE-Form über den Speichel und die Losung ausgeschieden. Daher haben gemeinsame Fütterungsstellen ein hohes Verbreitungspotential. Die Erreger halten sich außerdem sehr lange im Boden. Heutzutage werden aus vielen Bundesstaaten alljährlich mehrere CWD-Fälle bei freilebendem Weißwedel- Maultierhirschen und Wapitis gemeldet und die Krankheit scheint sicher weiter auszubreiten. Obwohl bisher keine Fälle bekannt sind, kann momentan eine Übertragung an Haus-, Nutztiere und den Menschen nicht ausgeschlossen werden. Daher wird von einem Verzehr kranker Tiere abgeraten.
CWD – infizierte Stücke Schalenwild in den USA©Wisconsin Department of Natural Resources
Was Jäger jetzt tun können
PD Dr. Schulz-Schaeffer vom Universitätsklinikum Göttingen, Spezialist für Prionen- und Demenzerkrankungen, sieht den Fall in Norwegen ebenfalls mit Sorge, warnt aber vor übertriebener Panikmache. Es gäbe zwei Theorien, wie die Erkrankung nach Europa gelangt sei. Zum einen könnte sie durch Reisende eingeschleppt worden sein, zum anderen könne sie aber auch mit wandernden Elchen oder Rentieren über den Nordpol nach Norwegen gelangt sein. Wichtig sei es laut dem Wissenschaftler nun, das Monitoringprogramm wieder zu intensivieren. Jägern, die in betroffene Gebiete in den USA oder Norwegen reisen, empfiehlt er, von der Mitnahme von Trophäen, Wildbret oder anderen Tierteilen abzusehen. Schuhe und Kleidung sollte nach Aufenthalt in einem der Endemiegebiete sorgfältig gereinigt und gewaschen werden, um das (zwar als gering eingeschätzte) Risiko einer Verbringung in heimische Reviere weiter zu minimieren.