Am 24. September sind auch wir Jäger aufgerufen, uns an der Bundestagswahl 2017 zu beteiligen. Doch wie stehen die einzelnen Parteien eigentlich zur Jagd? Fokko Kleihauer hat einmal nachgefragt.
Bundestagswahl 2017
Noch hat das Wahljahr 2017 einen letzten Trumpf im Ärmel: Nach Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein folgt der große Abschluss am 24. September mit der Wahl des neuen Bundestags. Die Wahlen im Westen der Republik und zwischen den Meeren brachten politische Umbrüche: langjährige rot-grüne Regierungen wurden abgelöst, für die nächsten fünf Jahre ist die CDU wieder in der Verantwortung. Fraglich ist, ob auch auf Bundesebene eine neue politische Konstellation in den Sternen steht.
Während Union und SPD sich um den nächsten Bundeskanzler streiten, ist der Kampf um Platz drei so offen wie nie: FDP, die Linke, Bündnis 90/die Grünen und AfD stehen in den Prognosen alle bei acht Prozent (Stand: 21. Juli 2017). Es lohnt sich also, einmal die jagdpolitischen Ziele der Parteien zu überprüfen, bevor Sie Ihre Stimme bei de Bundestagswahl 2017 abgeben.
CDU/CSU
Die CDU/CSU setzt auf Altbewährtes. Das Einführen weiterer Sachverbote lehnt die Union grundsätzlich ab, eine bundesweite Bleiminimierung soll jedoch gesetzlich festgeschrieben werden. Tierarten möchte die Partei nicht aus dem Katalog jagdbarer Arten streichen. Ob mit dem Wolf sogar eine Art hinzugefügt wird, möchte die Union mit den Beteiligten diskutieren. Der günstige Erhaltungszustand ist in den Augen der Partei bald erreicht und eine Verschiebung in Anhang V der FFH-Richtlinie sinnvoll. Eine Bejagung nach dem Vorbild Schwedens wäre damit theoretisch eine Möglichkeit. Wichtig ist der Union eine bundesweite Vereinheitlichung der Jägerprüfungen und die Einführung eines generellen Übungsschießnachweises – für Schrot und Kugel.
Unklare Haltung
Das Waffengesetz soll nicht verschärft werden, denn die Waffenbesitzer möchte die Union nicht unter Generalverdacht stellen. Kritisch zu hinterfragen sind in dem Fall aber die legislativen Bemühungen der Union: Die neue EU-Feuerwaffenrichtlinie und die Verschärfung der Aufbewahrungsvorschriften im Waffengesetz wurden auch durch die Union unterstützt.
Schwarzer Naturschutz
Jagd und Naturschutz sind auch in Zukunft für die Union als gleichwertig zu bewerten, es sollen keine Naturschutzregelungen ins Jagdrecht verbracht werden. Die Jagd in Naturschutzgebieten soll weiterhin erlaubt bleiben. Auch das Reviersystem hat sich in den Augen der Union bewährt, Änderungen sind hier nicht geplant.
Die Linke
Die Umweltpolitik soll mit den Linken nicht mehr durch die Gegensätze „Wald vor Wild“ oder „Wild vor Wald“ geprägt sein, sondern durch einen sogenannten „Ökosystemansatz“, der Wald und Wild harmonisch berücksichtigen soll. Die Jagd soll hier die Funktion eines Regulators übernehmen, zum Beispiel als Korrektiv für fehlende große Beutegreifer. So wird Jagd und Naturschutz nach Vorstellung der Linken stärker miteinander verknüpft. Dazu gehört die Forderung nach einem Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzvereine auf Bundesebene und die Möglichkeit, Jagd in Totalreservaten und in Revieren mit einem bestimmten wissenschaftlichen Interesse komplett auszusetzen.
Den sozialistischen Grundprinzipien treu bleibend, soll die Jagd ohne soziale Hürden allen offenstehen und nicht zu einem Privileg für einige wenige werden. Deswegen soll die Rolle der Jagd deutlicher definiert werden. Im Bundesjagdgesetz möchten die Linken nicht mehr nur einen Verweis auf die Grundsätze der Waidgerechtigkeit stehen sehen, sondern auch das gesellschaftspolitische Ziel der Jagd als Beitrag zu einer möglichst naturnahen Wald- und Landwirtschaft festschreiben.
linker Wankelmut
Den bundeseinheitlichen Schießübungsnachweis wollen auch die Linken. Auch ein Verbot bleihaltiger Büchsenmunition planen die Linken, im Bundesjagdgesetz zu verankern. Andere Sachverbote oder Änderungen an den Jagd- und Schonzeiten sind jedoch nicht geplant. Der Katalog jagdbarer Tierarten soll aber überprüft werden. Tierarten, die nicht bejagt werden, wollen die Linken in Zukunft aus dem Katalog rausstreichen. Anders beim Wolf: wenn sich die Population weiterhin rasant entwickelt, ist für die Linken eine Aufnahme ins Jagdrecht unausweichlich. Interessant wird’s beim Waffenrecht. Während die Linke dem Wahlprogramm nach den Waffenbesitz strenger reglementieren und in Privathaushalten sogar weitestgehend untersagen will, ist nach der Aussage des hohen linken Parteifunktionärs Dr. Dietmar Bartsch keine weitere Verschärfung geplant.
SPD
Nachdem die Sozialdemokraten in ihrer Hochburg Nordrhein-Westfalen vom Thron gestürzt wurden, soll jedenfalls der nächste Bundeskanzler aus ihren Reihen kommen. Das führt zu einem intensiven Wahlkampf, so intensiv, dass unsere Fragen zur Jagdpolitik bis Redaktionsschluss nicht beantwortet wurden. Die Jagd wird im Wahlprogramm mit nur einem Satz erwähnt, „zeitgemäß und naturnah“ soll sie sein. Damit einher gehen Änderungen am Jagdgesetz: die Abschaffung bleihaltiger Büchsenmunition und eine verschärfte Schießprüfung sollen es nach Willen der SPD richten. Weiterhin möchte die SPD Wild, das nicht „nachhaltig genutzt“ werde, aus dem Katalog jagdbarer Tierarten entfernen, beispielsweise Greifvögel. Mittel – bis langfristig sollten nach Wunsch der SPD nur invasive Prädatoren gejagt werden dürfen, wenn Sie ansonsten bedrohte einheimische Arten gefährden. Eine weitere Maßnahme ist die Einführung eines Verbandsklagerechts für anerkannte Naturschutzorganisationen auf Bundesebene. Weitere Verschärfungen des Waffenrechts sind nach Angaben der SPD nicht geplant. Allerdings: Das gleiche verkündeten die Sozialdemokraten schon zur Bundestagswahl 2013. Die Verschärfungen der Aufbewahrungspflichten dieser Legislaturperiode ging auch von der SPD aus.
FDP
Der derzeit existierende Rechtsrahmen der Jagd ist für die Freien Demokraten ausreichend, die Zweiteilung von Jagd- und Naturrecht hat sich in den Augen der FDP bewährt. Ein Flickenteppich aus bejagbaren und nicht bejagbaren Flächen ist nach Ansicht der FDP zu vermeiden, das bedeutet, die Jagd in Naturschutzgebieten ist für die Partei also nicht zu ersetzen oder zu verbieten. Beim Reviersystem bieten sich nach Sicht der FDP noch Optimierungsmöglichkeiten: Die Zusammenarbeit zwischen Staatsforsten und privaten Jägern soll verbessert werden, indem Staatsforste privaten Jägern mehr entgegenkommen.
Großräuber im Jagdrecht
Im Bundesjagdgesetz selber soll es keine restriktiven Veränderungen mit der FDP geben. Weder ein bundeseinheitliches Verbot von Bleimunition, noch Sachverbote oder Veränderungen an den Jagd- und Schonzeiten sind vorgesehen. Luft nach oben sehen die Liberalen im Katalog der jagdbaren Tierarten: so sollen Wolf und Luchs zunächst mit einer ganzjährigen Schonfrist Einzug in den Katalog halten. Arten, die sich von einer bedrohten Art zu einem Problem für die Kulturlandschaft entwickelt haben, wie etwa der Biber, sollen mittelfristig bejagt werden können. Die konsequente Ablehnung der geänderten EU-Feuerwaffenrichtlinie schlägt sich auch in der nationalen Politik der FDP wieder: weitere Verbote oder Restriktionen für Besitzer legaler Waffen lehnen die Freien Demokraten ab.
Bündnis 90/die Grünen
Das Sorgenkind oder auch rote Tuch ist für viele Jäger sicherlich die Partei Bündnis 90/die Grünen. Bestätigt durch das starke Ergebnis bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein, wollen die Grünen drittstärkste Kraft im neuen Bundestag werden. Ähnlich wie der SPD ist auch den Bündnisgrünen die Jagd nicht modern genug, nicht fit genug für Anforderungen des modernen Tier- und Artenschutzes. Um die gesellschaftliche Akzeptanz der Jagd zu verbessern, muss in den Augen der Partei einiges geändert werden. Als Überbau dieser Veränderung ist die Förderung des Natur- und Tierschutzes vor-gesehen. In Naturschutzgebieten sollen die Ziele des Naturschutzes Vorrang vor allen anderen Notwendigkeiten haben. Nach Willen der Grünen sollen auch großflächige Wildnisgebiete komplett aus der menschlichen Nutzung genommen werden – das beinhaltet auch die Jagd. Das Reviersystem wollen die Grünen weiterhin erhalten. Jagdrecht und Naturschutz sollen getrennte Rechtskreise bleiben, Einschnitte aus Gründen des Tierschutzes planen die Grünen jedoch auch im Jagdrecht.
Beutegreiferjagd adé
Totschlagfallen, die Baujagd sowie die Hundeausbildung in Schliefenanlagen wollen die Grünen verbieten, ebenso bleihaltige Munition. In die gleiche Kerbe schlägt die Einstellung zur Bejagung von Beutegreifern. Diese soll bis auf wenige Ausnahmen eingestellt werden. Daneben soll auch der Großteil der jagdbaren Arten gestrichen werden, und geschützte Arten sollen nicht ins Jagdrecht aufgenommen werden können. Ganzjährig geschonte Arten sollen dem Tierschutz oder einem Wildtiermanagement der Naturschutzbehörden unterstellt werden.
Weniger private Waffen
Zahlreiche Anfragen und Anträge der Grünen zum Waffenrecht ließen schon in den vergangenen Legislaturperioden eine restriktive Einstellung zu unserem Handwerkszeug durchblicken. Und die jetzigen Forderungen für die bevorstehende Bundestagswahl sind bei weitem die strengsten im Vergleich zu den anderen befragten Parteien, treffen aber vor allem das deutsche Schützenwesen: privater Waffen- und Munitionsbesitz unterliegen mit den Grünen stärkeren Kontrollen, Sportschützen müssten komplett auf Großkaliberwaffen und -munition verzichten.
AfD
Der neue Hirsch im Parteienrudel setzt zunächst auf Kontinuität: kein Verbot bleihaltiger Munition oder keine anderen Sachverbote. Auch Änderungen an den Schonzeiten oder am Katalog jagdbarer Tierarten lehnt die Partei ab. Nur wenn Tiere im Bestand gefährdet sind, sollen sie in den Katalog aufgenommen werden, um von der Hegepflicht der Jäger zu profitieren. Jagd und Naturschutz sind für die Blauen mit dem roten Pfeil gleichberechtigt, besonders die Jagdverbände sollen den großen Naturschutzverbänden auf Augenhöhe begegnen können.
Eingriffe in den Rechtsrahmen der Jäger durch den Naturschutz sieht die Partei kritisch. Also ist auch die Jagd in Naturschutzgebieten für die AfD erhaltungswürdig. Waffenrechtlich steht die AfD für einen liberalen Ansatz. Keine Verschärfungen, sogar Lockerungen möchte die Partei voranbringen: der Zugang zum Waffenschein soll für den Bürger einfacher werden.