Gemeinschaftlicher Abschussplan?

Hegegemeinschaften haben meist das Ziel, Schalenwild großflächig zu bewirtschaften. Würde es da nicht Sinn machen, den Abschuss gemeinsam zu erfüllen?

Rotwild im Wald5

Jeder für sich oder alle zusammen? Der richtige Umgang mit dem Abschussplan in einer Hegegemeinschaft wird kontrovers diskutiert. ©Silvio Heidler

JÄGER-Diskussion 

Ein Thema – zwei Expertenmeinungen

Gemeinschaftlicher Abschussplan?

Hegegemeinschaften haben meist das Ziel, Schalenwild großflächig zu bewirtschaften. Würde es da nicht Sinn machen, den Abschuss gemeinsam zu erfüllen – also nur noch ein Plan für die ganze Gemeinschaft?

Thomas Schwichtenberg

Bei dieser Frage muss unbedingt zwischen dem territorial lebenden Rehwild und den sozial in Rudeln lebenden Arten wie Rot- und Damwild unterschieden werden. Für Rehwild sollte die Bejagung nach Abschussplan gänzlich entfallen. Es ist viel weniger zählbar als Rot- oder Damwild, und es kommt aufgrund der territorialen Lebensweise nur eingeschränkt zu Wanderungen, so dass die Frage der notwendigen Abschüsse allein zwischen Grundeigentümer und Jagdaus- übungsberechtigten zu klären ist. Rotwild hingegen fühlt sich nur in Gesellschaft wohl, weshalb es in geeigneten Lebensräumen mit (Jagd-) Ruhe und genügend Äsung zu starken Konzentrationen kommt, wohingegen andere Reviere rotwildfrei sind. Unter diesen Umständen macht eine revierweise Abschussplanung bei unseren durchschnittlichen Reviergrößen keinen Sinn. Vielmehr ist dies nur auf Ebene der Hegegemeinschaft möglich. Der Abschussplan muss natürlich dort umgesetzt werden, wo das Wild steht. Sollen dabei wildbiologische Erfordernisse Berücksichtigung finden, wirken zahlenmäßige Beschränkungen in den Revieren nur kontraproduktiv. Wenn wir unseren Umgang mit dem Rotwild in erster Linie an den Bedürfnissen des Wildes und nicht an den Interessen der Jäger ausrichten wollen, müssen wir noch einen Schritt weiter gehen: Die Hegegemeinschaft müsste nach Erstellung eines Lebensraumgutachtens und der Ausweisung von Ruhezonen und Konfliktbereichen nicht nur den Abschuss planen, sondern auch die Umsetzung in den Haupteinstandsgebieten in Zusammenarbeit mit den Revierinhabern revierübergreifend räumlich und zeitlich koordinieren. Nur so lässt sich der notwendige Abschuss in einem möglichst kurzen Zeitraum realisieren. Danach lässt sich das Rotwild effektiv durch Jagdruhe in den Ruhezonen und durch Einzeljagd in den Konfliktbereichen lenken, um Wildschäden zu verhindern.

Hartwig Görtler

Jäger und Revierpächter stehen der Abschussplanung mit gemischten Gefühlen gegenüber. Nun die Lösung in der Abschussplanung auf Ebene der Hegegemeinschaft zu suchen, ist jedoch nicht zielführend. Zu unterschiedlich sind die Lebensräume, um mit einem Abschussplan allen Reviersituationen gerecht zu werden. Reviere sind von 80 bis 1.000 Hektar groß, umfassen unterschiedlichste Feld-Wald-Anteile und können mehrere Schalenwildarten beherbergen. Eine revierweise Planung ist angebrachter als eine auf übergeordneter Ebene. Was nützt es dem einzelnen Revier, wenn der Abschussplan des Hegerings gar nicht zu den Gegebenheiten in den angeschlossenen Revieren passt? Das mag bei kleinen Revieren noch funktionieren. Spätestens bei Revieren, die aufgrund ihrer Größe eine nachhaltige Hege und Pflege ermöglichen, weil sie die Einstände haben und das Wild nicht als Wechselwild über mehrere Reviere zieht, macht ein Abschussplan auf Hegeringebene keinen Sinn. Mit einem solchen lügt man sich selbst etwas in die Tasche. Auch hier muss der Abschuss auf die Reviere verteilt werden. Verteilt man, basierend auf einer revierweisen Aussage, ist das Resultat dasselbe wie zuvor. Verteilt man aufgrund der Flächengröße, so hat man ein mathematisch korrektes Ergebnis – wird aber der Situation in den Revieren nicht gerecht, denn die Reviere mit hohem Wildbestand würden zu wenig, die mit geringerer Wilddichte zu viel jagen. Pächter von Revieren mit tragbarem oder günstigem Verbiss werden sich bedanken, wenn sie im Zuge der zu hohen Verbisssituation auf Hegeringebene zu einem höheren Abschuss gezwungen wären. Es gibt eine lange Liste an Dingen, die in Bezug auf eine zeitgemäße, nachhaltige Jagd überdacht gehören. Die Abschussplanung auf Revierebene gehört meines Erachtens nicht dazu.