Am 15. Mai erschien im Feuilleton der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) eine Betrachtung Alice Agneskirchners Dokumentation „Auf der Jagd – wem gehört die Natur“ von Björn Hayer.
Er beklagt darin angebliche Einseitigkeit der Darstellung der Jagd. zu unrecht, wie JÄGER Redakteurin Dr. Nina Krüger findet.
„Herr Hayer hält den Dokumentarfilm „Auf der Jagd – wem gehört die Natur” von Alice Agneskirchner offenbar deshalb für problematisch, weil sich die Regisseurin einer emotional behafteten Thematik widmet, ohne vorhersehbare Klischees zu bedienen. Sie nähert sich dem Themenkomplex akribisch aus einem breiten Winkel. Viel problematischer ist daher, dass Hayer mit der Filmkritik betraut wurde, obwohl er nicht in der Lage zu sein scheint, diesen beobachtenden Ansatz stilistisch von einem geskripteten Dokuschauspiel wie „Safari“ zu unterscheiden. Ulrich Seidls Afrika-Inszenierung soll realistisch wirken, beansprucht aber nicht mehr Wahrheitsgehalt als eine Karikatur. Hayer ist dem auf den Leim gegangen. Ein NZZ-unwürdiger Kardinalfehler. Zudem fehlen auch „Safari” die Gegenstimmen, die Hayer Agneskirchner abverlangt. Etwa die der IUCN als Herausgeber der Roten Liste der bedrohten Arten. Die Organisation schätzt die legale Trophäenjagd nämlich, ungeachtet der persönlichen Motive, als legitimes Hilfsmittel des Artenschutzes ein. Vor diesem Hintergrund wirkt es schier dilettantisch, Agneskirchner mangelnde Reflektion vorzuwerfen.
Dass Hayer sich mit dem Thema Jagd offenbar nicht über das Maß seiner persönlichen Befindlichkeit hinaus beschäftigen mochte, schlägt sich in weiteren oberflächlichen Argumentationen nieder. Dinge wie Spaß- und Betriebsfeierjagden sind, wenn es sie überhaupt im deutschsprachigen Raum gibt, die Ausnahme aller jagdlichen Aktivitäten. Das Vorkommen von Fehlschüssen taugt argumentativ so viel, wie es das Unfallrisiko beim Autofahren tut. Es ist außerdem keinesfalls wissenschaftlich belegt, dass Bejagung die Vermehrungsaktivität von Wildtieren steigert. Dies ist schlicht und ergreifend eine Erfindung jener Organisationen, die sich für die Abschaffung der Jagd einsetzen. Oder können Untersuchungsergebnisse zitieren werden, die in einem international angesehenen Fachjournal veröffentlicht wurden? Wohl kaum, es gibt sie nämlich nicht. Wäre dies so, müsste man vom Aussterben bedrohte Arten ja einfach nur stärker bejagen. Mit steigender Fortpflanzungsrate wären sie schnell gerettet.
Im Schlusssatz wird deutlich, dass Hayers eigentliches Problem ein persönliches ist. Er selbst hält die Jagd für „ein Fossil einer längst vergangenen Zeit”. Die differenzierte Betrachtungsweise Agneskirchners verstößt gegen dieses Bild. Dabei könnte Hayer nicht weiter daneben liegen. Mehr junge (und junggebliebene) Männer und Frauen als je zuvor erwerben den Jagdschein. Die Zahl der Jäger, und vor allem Jägerinnen, nimmt im deutschsprachigen Raum seit Jahren stetig zu. Die Beweggründe dafür sind so zahlreich, wie es Jäger gibt. Sie reichen vom Wunsch nach artgerechter Fleischgewinnung über die Sehnsucht nach den Wurzeln der Menschwerdung bis zu einem ganzheitlichen Naturverständnis. Allen ist gemein, dass sie neben der Geburt auch den Tod als unausweichlich akzeptieren. Dieser kommt für ein Wildtier selten sanft. Vor allem nicht dann, wenn ihn ein Raubtier wie der Wolf bringt. Dies lässt sich auch durch die strikteste Ethikimpfung nicht verleugnen. Dem modernen Menschen die Lust an allem Archaischen zu verbieten und moralisch madig zu machen, ist Hauptsymptom unserer naturentfremdeten, verstädterten Gesellschaft. Es ist die arroganteste Erhebung des Menschen über die Natur. Die Jagd hingegen ist seit Jahrmillionen Teil des natürlichen Kreislaufes. Es wird sie noch geben, wenn der Mensch samt seiner Philosophen, Tierrechtler und Jäger längst vom Angesicht der Erde verschwunden ist.“
Den original Artikel der NZZ finden Sie hier: https://www.nzz.ch/feuilleton/ist-es-die-natur-des-menschen-die-ihn-zur-jagd-treibt-ld.1385448