JÄGER Ausgabe 09/2019 Staatsfeind Nr 1
Der Wettergott erbarmt sich!
Was ist schlimmer als ein Jochbeinbruch beim Rückschlag? Antwort: Zwei Drückjagden im Staatswald. Späße über leere Wälder müssen das Forstamt Schuenhagen (Landkreis Vorpommern-Rügen) künftig explizit einschließen.
Dort hob man in diesem Frühjahr erst-malig die Schonzeit auf Rotwild auf. Wie sich im Nachhinein herausstellte, total grundlos. Zu „Präventionszwecken“. Denn weder war der Staatswald sonderlich verbissen, noch geschält, noch gefegt. Stolze zwei Schmaltiere kamen im April zur Strecke, bis Minister Till Backhaus dem Treiben ein Ende machte und per Erlass die Schonzeitaufhebung wieder kassierte.
Die armen Forstbeamten können einem schon leid tun. Denn mag sich auch die mediale Wut gegen sie jetzt etwas legen – die „Zeitbombe Rotwild“ tickt weiter. Denn kaum, dass der letzte Begehungsscheininhaber spätabends seinen Suzuki aus dem Staatswald lenkt, klappern die gierigen Paarhufer schon mit ihren Stangen, wälzen sich leise schälend, nagend und malmend durch die Aufforstungen – und schaffen es trotz zwölfmonatiger Be-jagung auch noch jedes Jahr, sich irgendwie fortzupflanzen! Die elenden Schad-nager setzen ständig weitere, nimmersatte, mutterschutzbedürftige Kälber in die Welt. Eigentlich ein Jammer, dass man sie nicht aus der Luft vergiften kann. Mit Napalm, Granaten und Killerdrohnen. Eine biblische Trockenheit möge sie treffen! Hat jemand biblische Trockenheit gesagt?
Was klingt, wie die Jäger-Apokalypse, scheint in einigen Forstämtern nunmehr Gestalt anzunehmen. Nachdem der staatliche, ökologisch-ideologisch unterfütterte Anti-Rotwild-Kreuzzug jahrzehntelang gegen die hochintelligenten Fluchttiere nur bedingt half, könnte sich nun der Wettergott erbarmen – und den erbitterten Wildhassern zur Seite springen. Doch nennen wir das Kind mal beim Namen: Das Ar-
gument „ökonomischer Sachzwänge“ in fiskalischen Waldflächen war ohnehin
nie sonderlich überzeugend.
Wollte man dort mit Wald wirklich Geld verdienen, hätte man ihn ja auch einfach „an privat“ verkaufen können. Ein halbes Semester BWL genügt, um zu wissen, was für ein ganz und gar lausiger Unternehmer unser Staat in aller Regel ist. Und nur zu gerne würde man mal eine Vollkostenrechnung sehen, welche die Aufwendungen der Forstbeamten bei ihrer akribischen Wildvernichtung den Erlösen ihres wildreinen Waldes gegenüberstellt. Bliebe das ökologische Argument. Doch auch hier erinnerte die oxymoronische Forst-Formel „wenig Wild = mehr Biodiversität“ von jeher an Kästners „sachliche Romanze“.
Das Argument, das den Staatswald nun
zur gänzlich wildfreien Holzplantage machen kann, liefert endlich die Trockenheit. Ein neues Waldsterben ist medial allgegenwärtig. Und in diesem Waldsterben dürfte es nur noch eine Frage von Monaten sein,
bis unser Schalenwild offiziell zum „Klimawandel-Beschleuniger“ erklärt wird.
Denn wo keine Bäume wachsen können, kann auch kein CO2 gespeichert werden. Spätestens wenn die Grünen diese perfide Logik für sich entdeckt haben, dürften sie Waldbesitzer und Jagdpächter zwingen, sich ihrem Feldzug gegen unser Schalenwild anzuschließen. Womit es das verdient hat, weiß nur der grausame Wettergott.