Von allen Nachsuchen ist die auf Sauen mit Abstand eine der Gefährlichsten. Sauen sind schlau, sie sind wehrhaft und oft schieben sie sich an Stellen ein, an denen sowohl für Hund als auch für den Hundeführer keine Ausweichmöglichkeiten gibt. Eine riskante Angelegenheit also. Wir haben Chris Balke gefragt, worauf unbedingt bei der Nachsuche auf Schwarzwild zu achten ist.
Die Redaktion spricht mit Rüdemeister Chris Balke über die Nachsuche auf das gefährlichste heimische Wild.
Redaktion Was sind die Besonderheiten beim Schwarzwild, gibt es beim Treffersitz große Unterschiede zu anderen Wildarten?
Balke: Unterschiede gibt es beim Treffersitz nicht in erheblichem Maße. Die Nachsuche wird eben dann erschwert, wenn ein krankes Stück über längere Strecken mit der Rotte flüchtet und die Sauen beispielsweise im Verband erneut zu brechen beginnen, all das sind wiederum Verleitungen für den Hund. Kranke Frischlinge versuchen auch über weitere Strecken den Anschluss an die Rotte zu halten. Oft schieben sich die Sauen dann ein und bei der Nachsuche beginnt das Fährtengewirr. Die Rausche hingegen hat keinen großen Einfluss auf die Nachsuchen zu dieser Zeit. Insofern also eine Erleichterung für das Gespann. Wohl auch, da sie, aufgrund starker Bejagung in der mittleren Altersklasse, oft auch kaum noch richtig stattfindet. Während der Brunft beim Rot-und Damwild ist dies grundlegend anders. Hier herrscht ein größeres Durcheinander, Fluchtstrecken sind Länger, Nachsuchen oft schwer.
Sind zur Drückjagd besondere Vorbereitungen erforderlich?
Dadurch, dass sehr schnell und präzise auf bewegtes Wild geschossen wird, ist ein gezieltes, gewissenhaftes Üben auf dem Schießstand unentbehrlich, um waidgerecht jagen zu können. Um das Wildbret zu verwerten und keine zu kleinen Frischlinge zu erlegen, sollte man mit den Drückjagden im November beginnen und bis Silvester damit fertig sein. Bei uns macht die Drückjagdsaison in etwa die gleiche Anzahl an Nachsuchen aus, die wir auch im Sommerhalbjahr zu verzeichnen haben. Dennoch ist die Vorbereitung auf die Saison sehr wichtig.
Schwarzwild ist das wehrhafteste heimische Wild, welche Erfahrungen hast Du damit gemacht?
Am gefährlichsten sind die zwei- bis dreijährigen Stücke. Die meisten Zusammenstöße hatten wir bis dato auch mit solchen Sauen. Gerade Keiler in dem Alter wissen
was sie können und sind deutlich wendiger, als ältere, behäbigere Stücke. Bachen in dieser Altersklasse können aber für Hund und Führer genauso bedrohlich sein. Schwache Stücke bis etwa 30 oder 40 Kilogramm greift der Hund, ist die Sau stärker lässt sich dies erkennen, wenn er Laut gibt. Kriegsentscheidend ist beim Angehen immer auf den Wind zu achten! Bekommt die Sau Wind, nimmt sie meist den Hundeführer an. Besonnenes Vorgehen und Vorsicht sind geboten. Wenn man im Sudangras, Mais oder Schilf sucht, gibt es oft kaum Ausweichmöglichkeiten – das Nachsuchen bleibt saugefährlich. Auch Widergänge und damit annehmende Sauen von der Seite sind nicht zu unterschätzen. Es ist immer der nötige Respekt geboten! In ihrem Element ist uns die Sau meist überlegen. Schiebt sie sich irgendwo ein, tut sie dies nie ohne Grund.
Was überlegst Du Dir vor der Nachsuche, worauf gilt es zu achten?
Extrem wichtig ist, dass der Schütze die richtigen Angaben macht und gerade hinsichtlich der Größe der Sauen nicht untertreibt. Der Einsatz von Vorsatztechnik birgt die Gefahr der Falschansprache mangels Größenvergleich. Wenn man auf einen Frischling suchen soll und am Ende vor einer 92 Kilo Bache steht, ist das nicht nur riskant, sondern mitunter auch lebensbedrohlich. Wichtig ist, dass man das Risiko richtig einschätzen kann und mit der nötigen Vorsicht sucht. Schwarzwild ist schlau, Widergänge sind keine Seltenheit. Die Sauen schieben sich auch tief ein, um den eigenen Wechsel einsehen zu können und verletzten dabei Hund und Führer oft schwer. Manche Keiler verfolgen da ähnliche Taktiken wie ein Büffel, der versucht, Jäger und Fährtensucher zu umschlagen. In jedem Fall ist Respekt vor dem Wild geboten.
Rüstest Du Dich für die Schwarzwild-Nachsuche anders aus, als für andere Nachsuchen?
Kurzwaffen können mit viel Übung und großen Kalibern effektiv sein. Allerdings sind für mich Langwaffen in der Praxis praktikabler. Ein Abfangmesser und eine Schutzhose habe ich, wie bei allen anderen Nachsuchen, auch dabei. Ein Helm mit Visier ist aus Sicherheitsgründen und mit Blick auf den Schutz der Augen sinnvoll. Brillen bergen das Risiko, dass man nicht immer ein gutes Sehfeld hat. Der eigene Schutz hat natürlich in jedem Fall die höchste Priorität.
Hattest Du auf der Nachsuche schon einmal Kontakt mit Isegrim?
Ja, Aika, einer meiner Schweißhunde ist im letzten Jahr bei einer Nachsuche sehr schwer gebissen und verletzt worden. Damals war bereits beim Angehen zu hören, dass sie auf wehrhaftes, sehr starkes Wild gestoßen sein muss. Den Laut, das tiefe „Hau, hau“, gibt sie sonst nur bei extrem starken und aggressiven Sauen. Sehr gefährlichem Wild eben. Nachgesucht hatten wir aber nicht auf eine Sau, sondern ein Stück Rehwild. Offensichtlich war der Graue bereits vor uns am Stück angelangt und ließ es sich schmecken. Aikas Laut war nur ganz kurz zu vernehmen, bevor sie mit massiven Bissverletzungen über den ganzen Rücken zurückkam. Eine Begegnung, die für den Hund und auch für mich deutlich schlimmer hätte ausgehen können. Mit steigenden Wolfszahlen in Deutschland werden Begegnungen mit dem Wolf auch auf der Nachsuche zunehmend zum Problem.
Was muss man bei der Drückjagdvorbereitung beachten?
Die Jagd muss frühzeitig geplant werden. Die meisten Nachsuchenführer sind verschwiegen, was die Planung der Drückjagden im Vorfeld betrifft. Man gibt also keine geheimen Informationen Preis, wenn man rechtzeitig seine Gespanne einlädt. Länger, als bis 13 Uhr sollten die Drückjagen nicht gehen. Denn, um noch rechtzeitig nachsuchen zu können, braucht es Zeit. Jagden, die weit über die drei Stunden hinausgehen, sind auch mit Blick auf die Konzentration der Schützen nicht ideal. Eine Länge der Jagd von etwa zwei Stunden hingegen bietet sich an. Gegebenenfalls muss man die Treiben mit den Treibergruppen eben entsprechend anpassen. Wichtig ist auch, dass ein Ansprechpartner da ist, der den Nachsuchenführer einweist, dass die Anschüsse sehr gut erkennbar sauber verbrochen werden. Standzettel sind für mich nicht zweckdienlich, da viele Schützen damit lediglich überfordert sind. Interessant ist, ob das Stück gezeichnet hat und Schweiß vorhanden ist. Nach der Jagd muss eine rasche Nachsuche gewährleistet sein.