Gänsejagd – Tipps für die Lockjagd auf dem Feld

Die Jagd auf Gänse hat ihren ganz besonderen Reiz. Was man für die Gänsejagd braucht und welche Ausrüstung und Munition die Richtige ist, haben wir für Sie zusammengefasst.

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Vorbereitung ist bei der Gänsejagd das A und O. Nur so gelingt auch die Tarnung mitten auf dem Acker. Fotos: Patrik Bollrath

Der Sommer geht zu Ende, die Felder sind abgeerntet und es beginnt die spannende Zeit der Gänsejagd. Patrik Bollrath nimmt Sie mit zum Saisonauftakt auf Gänse.
Richtig vorbereitet und besonnen durchgeführt, gehört sie zu den spannendsten Jagdmomenten im Jahr. Gänse sind sehr scheu und äugen sehr gut, nicht umsonst wurden sie schon von den Römern als Wachpersonal genutzt, daher gibt es bei der Jagd auf das schlaue Wasserwild auch einiges zu beachten.

Gänsejagd – der frühe Vogel

Es ist Anfang August – schon um 02:30 Uhr klingelt der Wecker. Eine wahrlich unchristliche Zeit, doch wer Gänse jagen möchte, muss früh aus den Federn. Ab geht es ins Auto und auf in Richtung Westküste, denn dort sitzen jeden Tag tausende und abertausende Graugänse auf den frischen Getreidestoppeln. Vor Ort angekommen gibt es einen schnellen Kaffee und eine kurze Lagebesprechung. Der Wind hat sich nicht verändert und die Gänse sollten daher Ihre Flugroute zu den frisch gedroschenen Flächen beibehalten. Die Gänseliegen sind noch von der letzten Jagd mit Stroh getarnt und müssen heute Morgen nicht mehr neu verborgen werden. Das verschafft uns einen enormen Zeitvorteil, denn um vier Liegen vollständig mit Stroh zu verkleiden, benötigt man gut und gerne zwei Stunden. Mit den vier Gänseliegen und einem Anhänger voller Lockgänse fahren wir auf die zuvor festgelegte Fläche und beginnen sofort mit dem Aufbau. Hier ist Teamwork gefragt, jeder packt mit an und weiß was er zu tun hat. Ganz alleine ist so eine Gänsejagd nur schwer zu realisieren.

In Teilen Norddeutschlands richten die Gänse Jahr für Jahr große Schäden an, die Bejagung lohnt also.

Und ewig lockt die Attrappe

Als erstes bauen wir die vier Liegen auf. Diese bilden das Zentrum des Lockbildes, an welchem sich alle weiteren Schritte ausrichten. Die Liegen werden alle auf gleicher Höhe  jeweils zwei Meter voneinander entfernt ausgerichtet. Die gleiche Höhe ist unumgänglich, um eine gegenseitige Gefährdung auszuschließen. Bei der Gänsejagd ist hoch diszipliniertes, gutes Schießen eine zwingende Voraussetzung.

Da die Gänse immer gegen den Wind einfallen, richten wir uns so aus, dass der Wind genau von hinten kommt. Je nachdem, wie die Gegebenheiten vor Ort sind, bietet sich als Form für das Lockbild am besten eine V- oder L-Form an. Die V-Form hat sich am besten bewährt, jedoch ist es sinnvoll manchmal auf eine L-Form zurückzugreifen, wenn der Wind nicht für das V passt oder kein sicherer Schußbereich besteht.  Als Lockbild steht uns eine Mischung aus Vollkörper-,Halbschalen- und faltbaren Lockgänsen zur Verfügung. Ob man verschiedene Arten von Lockgänsen mischen sollte oder nicht, ist jedem selbst überlassen. Die einen sagen, es funktioniere auf keinen Fall, andere dagegen haben keine Probleme mit einer bunten Mischung. Für den heutigen Tag gilt letzteres und vergangene Jagden haben bewiesen, dass es funktioniert.

Um die Liegen bauen wir die Vollkörper und die Halbschalen auf, um die Silhouetten der Liegen möglichst aufzureißen und somit noch zusätzlich zu tarnen. In den linken und rechten Flügel des V setzen wir vornehmlich die faltbaren Lockgänse (FUD) und noch einige Halbschalen. Die Flügel des V sind ca. 50 Meter lang und zwischen den Flügeln ist ein Abstand von ca. 40-50 Metern, in dieser Fläche sollen die Gänse landen. Ob und wie das funktioniert, stellt sich immer erst wären der Jagd heraus und wenn es nicht funktioniert, sollte man schnell eingreifen und das Lockbild noch einmal nachjustieren. Nur so wird die Gänsejagd auch zum Erfolg.

Gut getarnt und gut ausgerüstet

Kurz vor 5:00 Uhr ist alles fertig aufgebaut und wir fahren die Autos weg, um sie in einiger Entfernung und ohne sichtbare Verbindung zum Lockbild abzustellen.

Danach richtet sich jeder in seiner Liege ein und zieht seine Tarnbekleidung an: Tarnkappe, Handschuhe und Gesichtsmaske sowie ein getarntes Oberteil sind Pflicht.
Jeder von uns ist mit einer Selbstladeflinte ausgerüstet, da eine Bockflinte nur umständlich in der Liege zu laden ist und der dritte Schuss aufgrund der großen Anzahl an Gänsen oft benötigt wird. Als Munition verwenden wir Stahlschrote in den Größe Nr. 4 und Nr. 5. Da meist auf sehr kurze Entfernung geschossen wird und Deckung vor Durchschlagskraft gilt, ist man mit diesen mittleren Schrotgrößen am besten beraten. Kleinere Schrote töten zwar auch zuverlässig, jedoch ist hier die Gefahr der Wildbretentwertung deutlich größer. Mit gröberen Schroten bleibt meist die sofortige Tötungswirkung aus. Offene oder halbe Chokes sind das Mittel der Wahl für diejenigen, die diese Wechsel durchführen können. Ein akustischer Gänselocker, der den Ruf der Graugänse nachahmt, um sie auf das Lockbild aufmerksam zu machen, komplettiert die erforderliche Ausrüstung.

Nun heißt es warten und hoffen. Gänse sind sehr unstet und eine Jagd kann immer nur kurzfristig geplant werden. Wenn die Gänse an einem Tag auf einem bestimmten Feld einfallen, so tun Sie dies in der Regel auch am nächsten Tag, wenn sich das Wetter und insbesondere der Wind nicht deutlich ändern. Am dritten oder vierten Tag kann es jedoch sehr gut sein, dass sich – vor allem in der Erntezeit im Sommer – auf einem anderen Feld eine neue und noch attraktivere Futterquelle etabliert hat und die Gänse fortan dorthin fliegen. Die Vorbereitung und das Absuchen der Flächen, auf denen die Gänse sich aktuell und möglicherweise in der Zukunft aufhalten, ist also mit die wichtigste Aufgabe bei der Gänsejagd. Aber trotz präzisester Vorbereitung entscheidet sich doch immer erst am Jagdtag selbst, ob alles so läuft, wie geplant. In unserem Fall war es so.

Gänsejagd ist Teamwork, denn hin und wieder lohnt es auch das Lockbild zu verändern.

Der erste Vogel gibt das Startsignal

Bereits um 05:15 Uhr kam die erste einzelne Gans ins Lockbild gesegelt und landete hier ohne Argwohn. Ein sehr gutes Zeichen, das Lockbild hatte seine erste Prüfung bestanden und wir die erste Gans in der Liege. An die Mär vom Spähvogel, der für alle anderen die Flächen auskundschaftet und dann zurückfliegt und den Rest der Familie holt, glaube ich persönlich nicht, weder bei Krähen noch bei Enten und ebenso nicht bei Gänsen. Zwar besteht der erste Anflug tatsächlich häufig aus nur einem Vogel, jedoch würde ich sagen, dass es sich hier jeweils um ein Individuum handelt, welches einfach früher aktiv ist als der Rest. Kurz gesagt, man kann die erste Gans ruhig erlegen, es werden trotzdem noch weitere kommen.
Nach dieser ersten Gans hörte man nun überall von der Küste her die Tiere in Richtung Festland ziehen. Es waren tausende. In 2er, 5er, 20er und 50er-Schofen fielen die Gänse in unser Lockbild ein oder sie versuchten es jedenfalls. Wir schossen, sammelten ein und luden, schossen, sammelten ein und luden. In Windeseile füllten sich die Liegen, in denen wir mit den Gänsen lagen, der Anflug riss einfach nicht ab. Selbst wenn einer oder zwei von uns gerade den Hund dabei unterstützten, die Gänse aus dem Lockbild zu sammeln, kamen immer neue Schofe in Richtung Lockbild.

Immer Ruhe bewahren

Das wichtigste in einer solchen Situation ist, trotz aller Hektik, die sich schnell breit machen kann, ruhig zu bleiben und sich auf das saubere Schießen zu konzentrieren. Derjenige von uns, der die Gänse am besten aus seiner Liege heraus sehen konnte, gab immer das Zeichen zum Schießen. Dieser Moment ist äußert wichtig, denn nur, wenn man den richtigen Augenblick abpasst, befinden sich die Gänse in der richtigen Entfernung und können so sauber erlegt werden. Es kam durchaus vor, dass wir aus einem größeren Schoof 8-9 Gänse schossen. Das gelingt jedoch nur, wenn sich alle diszipliniert verhalten und keiner vorher aufspringt oder sich bewegt. Die Gänse sehen jede noch so kleine Bewegung in der Gänseliege und quittieren diese meist mit einem sofortigen Aufsteigen in unerreichbare Höhen. Auch sollte man sich lieber auf kleinere Anflüge konzentrieren, da solche mit über 100 Tieren meist sowieso nicht einfallen. „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ ist hier das Motto – sprich‘, lieber drei bis vier Gänse sicher in der Liege zu haben, als auf den großen Schof zu warten, der am Ende doch nicht einfällt. Auch haben die Gänse in den größeren Schofen meist die Angewohnheit, sehr lange außerhalb der Schussdistanz über dem Lockbild zu kreisen, was dazu führt, dass alle neu hinzukommenden Tiere in diesen Anflug mit einschwenken. Wenn es zu viele werden und diese immer nur Kreise ziehen kann es sinnvoll sein, das Spektakel mit einem Hebeschuss oder Schüssen auf einen kleineren Schof aufzulösen. Dies gilt ebenso für Gänse, die außerhalb des Lockbildes gelandet sind.

Bejagt man Gänse im großen Stil, sollte man sich schon im Vorfeld Gedanken über die Verwertung machen.

Der Stand der Sonne markiert das Ende

Gegen 6:30 Uhr war der Anflug schließlich vorbei und die wenigen Gänse, die noch kamen, fielen auch nicht mehr ein. Vermutlich werfen die Liegen dann zu deutliche Schatten, sodass die Gänse nicht mehr auf das Lockbild hereinfallen. Generell gilt auch trübes und bedecktes Wetter als das bestgeeignetste für die Gänsejagd.

Wir beendeten die Jagd und legten Strecke. In knapp 1 ½ Stunden sind es am Ende 94 Graugänse geworden, welche nun schnellstmöglich versorgt werden wollten. Nachdem wir gemeinsam alle Lockvögel, leere Patronen, Gänseliegen und alle übrigen Utensilien verstaut hatten, ging es ans Zerlegen der Gänse. Wie auch beim Auf- und Abbau ist dies eine absolute Teamarbeit. Wenn jeder mit anfasst, geht die Arbeit am schnellsten von der Hand und über die Gespräche über den erfolgreichen Jagdmorgen vergeht die Zeit wie im Fluge. Bei allen erlegten Gänsen haben wir die Brüste ausgelöst, die zu Hackfleisch und Grillwurst verarbeitet werden. Die Kadaver können für den Luderplatz oder zur Fallenjagd genutzt werden. Bei einer solchen Menge sollte man die meisten Kadaver jedoch zur Abdeckerei  bringen, um sie dort ordnungsgemäß zu entsorgen. Natürlich muss man für einen erfolgreichen Jagdmorgen früh aufstehen und eine Menge vor-und nachbereiten, jedoch ist es ein einmaliges Erlebnis und Naturschauspiel, das man in der Gänseliege erlebt. Des Weiteren hilft man den Landwirten und nutzt eine Wasserwildart nachhaltig, die bei uns mehr als stark verbreitet ist. Probieren Sie es aus, Gänse bieten eine spannende Jagd!