Damwild im Blick: Hege und Bejagung des Damkahlwilds

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Beim Damwild sind die Jahresstrecken in den letzten 20 Jahren stark gestiegen. Wir verraten Ihnen, wie Sie gesunde Bestände erzielen können. Foto: Pixabay/Birgit Röhrs

Zunehmend milde Winter und ein deutlich verbessertes Nahrungsangebot haben in den vergangenen 20 Jahren zu signifikant höheren Jahresstrecken beim Damwild in Deutschland geführt. Die Folge dieser Entwicklung ist, dass stellenweise sehr hohe Wildbestände enorme Wildschäden mit sich bringen, die von den betroffenen Land- und Forstwirten meist nicht mehr toleriert werden. Für die Bejagung und die Erfüllung des Abschussplans ist das eine Herausforderung. In Bereichen mit großen Populationen ist es seit langen Jahren erforderlich, die Erfüllung des Abschussplans beim Kahlwild vor allem durch Bewegungsjagden sicher zu stellen. Unser Autor Jan-Wilhelm Hammerschmidt verrät, wie Sie gesunde Bestände erzielen.

 

Perfekter Lebensraum

Wichtigste Voraussetzungen für den Lebensraum von Damwild sind Waldeinstände, die ausreichend Deckung bieten, sowie ein ausreichendes Nahrungsangebot auf den angrenzenden Feldern und Wiesen. Diese Voraussetzungen sind vorwiegend auf den norddeutschen Endmoränen gegeben, wo Buchen- und Eichenwälder ebenso gut gedeihen wie Weizen und Raps auf den dortigen ertragreichen Böden.

Der Waldeinstand als bevorzugtes Einstandsgebiet des Kahlwilds sollte eine Mindestgröße von 100 Hektar haben, besser noch 200 Hektar. Das muss nicht zwingend ein arrondierter Wald sein, es können auch mehrere einzelne Waldstücke sein, die dicht beieinander gelegen sind. Hier findet das Kahlwild Deckung mit Ruhezonen für die Brunft und den Aufwuchs der Kälber. Darüber hinaus sind Äsungsflächen in der angrenzenden Landwirtschaft erforderlich. Dazu gehören Weizen, Raps, Grünland, Kartoffeln, Rüben oder Feldgemüse. Das Kahlwild zieht vom Waldeinstand auch gerne über weniger attraktive Flächen dorthin, wo der Tisch am reichsten gedeckt ist. Der tägliche Aktionsradius beträgt drei bis vier Kilometer, anders als bei den Hirschen, deren Aktionsradius sieben bis acht Kilometer groß ist.

 

Lebensweise vom Damwild

Ab Mitte Dezember geht das Damwild in den Energiesparmodus über. Die Nahrungsaufnahme geht deutlich zurück, nachdem im Sommer und Herbst wichtige Fettreserven angelegt worden sind. Hirsche und Kahlwild stehen in den Monaten Februar bis April häufig in gemischten Rudeln zusammen, bewegen sich nur wenig und können aufgrund fehlenden Jagddrucks ungestört auf den Raps- und Weizenfeldern zum Äsen austreten. Hier findet sich auch das Damwild aus umliegenden Revieren ein. Gemischte Rudel von 200 bis 300 Stück gehen dann mitunter zu Schaden.

Ab Mai kommt es zu einer Trennung. Die Alt- und Schmaltiere ziehen in die Waldreviere, wo im Juni die Kälber gesetzt werden. Hier findet das Kahlwild Deckung und Ruhe, was für die Kinderstube des Wildes und später für die Brunft von großer Bedeutung ist. Bis in den Winter verbleibt das Kahlwild in den Waldeinständen, um Ende Januar auf die Äsungsflächen im Feld zu ziehen.

 

Wesentliche Kriterien für eine effektive und nachhaltige Hege sind:

– sorgfältige Zählung, bzw. Schätzung des Bestandes

– sachgerechte Berechnung des künftigen Abschusses

– revierübergreifende Abstimmung der Abschusspläne

– Geschlechterverhältnis von 1 : 1,5 (z.B. 40 männl. : 60 weibl.)

– sowie die rechtzeitige Durchführung des Abschusses

Wichtig dabei ist auch, dass zu viel Beunruhigung für das Damwild vermieden wird:

– kein ständiges Herumfahren im Revier

– möglichst wenige Einzelabschüsse

– keine durchgängige Bejagung des Kahlwilds vom 1. September bis zum 31. Januar

– keine Niederwildjagden zur Brunft

– nicht mehr als zwei Bewegungsjagden im November und Dezember.

Illustration: Redaktion

Verhaltensanpassungen

Die wichtigsten Voraussetzungen für einen stabilen Wildbestand und eine nachhaltige Hege sind Ruhe im Revier, ein gutes Äsungsangebot und eine sorgfältige Abschussplanung. So hat der vermehrte Einsatz von Nachtzieltechnik auf Schwarzwild dazu geführt, dass Dam- und Rehwild abends deutlich später austreten als in der Vergangenheit. Die Bejagung des Kahlwilds ist dadurch schwieriger geworden. Unabhängig von der Jahreszeit und weiteren Faktoren wie dem Äsungsangebot, orientiert sich das Kahlwild vorrangig daran, wo und wann eine Gefährdung durch Menschen besteht. Werden ganze Regionen aufgrund permanenten Jagddrucks bei Tage gemieden, sprechen Wildbiologen von einer Landschaft der Furcht. Wenn das Damwild dort wieder bejagbar werden soll, ist es erforderlich, auf eine permanente und flächendeckende Bejagung während der gesamten Jagdzeit zu verzichten.

 

Hege

Ein wesentlicher Faktor für eine nachhaltige Hege ist der Abschussplan. Häufig wird der Fehler gemacht, sich auf die Freigabe starker Trophäenträger zu fokussieren. Das Kahlwild spielt meist eine untergeordnete Rolle. Dabei ist das Ziel der Abschussplanung nicht die subjektive Zufriedenheit der Revierinhaber, sondern ein Wildbestand mit einer gesunden Alters- und Sozialstruktur, der mit den Interessen der Land- und Forstwirtschaft im Einklang steht. Um einen ausgeglichenen Altersaufbau zu erreichen, sollte die Aufteilung im Abschussplan des Kahlwilds wie folgt angestrebt werden:

  • Alttiere: 40-50%
  • Schmaltiere: 10-20%
  • Wildkälber: 35-45%

 

Grundsätze der Bejagung von Damwild

Wichtigster Grundsatz bei der Bejagung von Damkahlwild ist es, unnötige Störungen und Beunruhigungen zu vermeiden. Damwild ist äußerst empfindlich. In Revieren mit kleineren Beständen sollte die Bejagung des Kahlwilds durch Einzelabschüsse nach der Brunft an Daueräsungsplätzen erfolgen. In Revieren mit größeren Beständen können einzelne Schmaltiere auch im September erlegt werden. Hier sollten ab Mitte November, also nach der Brunft, vorzugsweise Ansitzdrückjagden durchgeführt werden, damit der Abschussplan beim Kahlwild noch vor Weihnachten erfüllt und unnötigen Wildschäden vorgebeugt wird.

Nun kommt der Jagdleiter heute in eine Zwickmühle. Soll vorrangig Damkahlwild erlegt werden, sind zwei wesentliche Aspekte zu beachten: Das Wild soll die Schützen möglichst langsam anwechseln und ab und zu verhoffen, so dass die Schützen sauber ansprechen und sichere Schüsse abgeben können. Dies geht aber nur, wenn keine Hunde und nur wenige Treiber zum Einsatz kommen. Dazu sollten vor allem erfahrene Schützen eingeladen werden, damit das Wild sicher angesprochen und sauber geschossen werden kann.

Angesichts der hohen Schwarzwildbestände und der drohenden Afrikanischen Schweinepest ist es hingegen von Vorteil, bei der Ansitzdrückjagd auch die Sauen scharf zu bejagen. Das erfordert den Einsatz vieler Treiber und vieler Hunde. Damit wechselt das Kahlwild die Schützen aber häufig hochflüchtig an, was zu Fehlabschüssen und Fehlschüssen wie Keulen- und Rückenschüssen führen kann. Diese Folgen stehen dem Tierschutzgesetz und einer nachhaltigen Wildbretvermarktung entgegen.

 

Die Drückjagd als Lösung?

Ansitzdrückjagden haben bei den häufig geringen Reviergrößen den Nachteil, dass das Kahlwild schon beim Anstellen der Schützen das Revier verlässt und die Jagd nach großer Beunruhigung mit geringem Erfolg beendet wird. Da das Damwild sich nicht an Reviergrenzen orientiert, kommt einer revierübergreifenden zeitgleichen Bejagung besondere Bedeutung zu. Die Einbindung der örtlichen Hegegemeinschaft oder des Hegerings kann hierbei von Vorteil sein. Ansitzdrückjagden auf Kahlwild sollten nicht vor Mitte November durchgeführt werden. Sonst besteht das Risiko, dass der Brunftverlauf erheblich gestört wird und Ausfälle durch Brunftmortalität bei den mittelalten Hirschen unnötig befördert werden.

Bei hohen Beständen kann die erste Ansitzdrückjagd Mitte November stattfinden und eine weitere Mitte Dezember. Dazwischen sollte Ruhe im Revier herrschen, damit das Kahlwild in seine Einstände zurückkehrt. Die Kahlwildbejagung sollte bis Ende Dezember abgeschlossen sein, da im Januar häufig schlechtes Wetter herrscht. Wird mit der Bejagung zu lange gewartet, weil man ja noch den Januar hat, können Regen oder Nebel einen Strich durch die Rechnung machen und der Abschussplan wird nicht hinreichend erfüllt. Wildschäden auf dem Raps oder auch Schälschäden im Wald sind dann meistens die Folge.

Wann sollte man Termine festlegen, um das Damwild effektiv zu bejagen?

Der Termin für die Ansitzdrückjagd sollte frühzeitig, also noch vor der Sommerpause, festgelegt werden. Sonst besteht das Risiko, dass die besonders erfahrenen Hundeführer und Jagdhelfer nicht mehr verfügbar sind, weil Bewegungsjagden überall geplant werden. Bei der jagdlichen Infrastruktur ist darauf zu achten, dass Ansitzeinrichtungen in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen. Dazu eignen sich geschlossene Kanzeln weniger, da die meist kleinen Fenster Schüsse auf flüchtiges Wild kaum zulassen. Besser geeignet für die Ansitzdrückjagden sind offene Ansitzeinrichtungen. Das Kahlwild bemerkt sofort, wenn etwas neu ist, deshalb müssen Drückjagdböcke spätestens drei Wochen vor dem Jagdtermin an Ort und Stelle sein. Sonst umgeht das Kahlwild diesen Stand bei der Jagd weiträumig. Weiter sollten die Drückjagdböcke mit dem Rücken an einem grösseren Baum oder Knick aufgestellt werden. Bei freistehenden Drückjagdböcken im Feld wahrt das Damwild in der Regel einen Abstand von mindestens 250 Metern.

Die Vorteile der Ansitzdrückjagden liegen auf der Hand: Durch die Auswahl damwilderfahrener und sicherer Schützen werden falsches Ansprechen und schlechte Schüsse vermieden. Das dient dem Tierschutz und der Sicherheit aller Teilnehmer. Auch der Einsatz erhöhter Ansitzeinrichtungen führt zu größerer Sicherheit für alle Teilnehmer. Insbesondere bei Ansitzdrückjagden mit 25 oder mehr Schützen sowie einer hohen Zahl an Treibern und Hundeführern stellt die Gewährleistung der Sicherheit eine große Herausforderung für den Jagdleiter dar.

 

Auswahl der Schützen

Die Auswahl der Schützen sollte sich vorrangig an den Faktoren Damwilderfahrung, Treffsicherheit und Sicherheit bei der Schussabgabe orientieren, und nicht daran, ob die Einladung eine Gegeneinladung nach sich zieht. Und: Jungjäger ja, – aber nur auf Fernwechseln, wo sie das anwechselnde Wild schon auf weite Entfernung ansprechen und den Schuss in Ruhe abgeben können. Erfahrene und erfolgreiche Damwildjäger zeichnen sich durch eine Eigenschaft aus: sie können warten. Warten, weil das Kahlwild in der Regel nach einigen Hundert Metern oder vor dem nächsten Knick verhofft. Dann kann der Schütze sauber ansprechen und einen sicheren Schuss abgeben.

Der häufigste Fehler bei Bewegungsjagden lautet: Das machen wir so wie immer. Besser ist es, nach jeder Jagd sorgfältig zu prüfen, was gut und was schlecht war. Tatsache ist, dass Erfahrungen zu selten ausgewertet und in neue Konzepte umgesetzt werden. Wer seine Streckenergebnisse steigern möchte, kommt nicht umhin, mit seiner Planung für die nächste Bewegungsjagd hier anzusetzen.