Wildunfall – was ist zu tun und wie kann man ihn vermeiden?

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In Deutschland kommt es jährlich zu ca. 250.000 Wildunfällen. (Foto: Getty Images)

Wildunfälle gehören für die meisten Revierinhaber fast schon zur Routine. Für das Wild enden sie in der Regel tödlich. Wenn die Tage kürzer werden, passt auch das Wild seinen Rhythmus der Natur an. Wir Menschen dagegen stellen Ende Oktober auf Winterzeit um – doch das Wild hat keine Uhr. 

Viele Straßenverkehrsteilnehmer haben bereits selbst einen Wildunfall erlebt oder sind Zeuge eines solchen geworden. Besonders im April und Mai sowie von  Oktober bis Dezember steigt das Unfallrisiko. Aktuell werden die Tage immer kürzer und es wird früher dunkel. Wer sonst noch bei Tageslicht nach der Arbeit zu Hause ankam, muss sich nun auf Nachtfahrten einstellen. Für das dämmerungs- und nachtaktive Wild steigt damit die Gefahr. War es nächtens ruhiger auf den Straßen, herrscht nun bei Dunkelheit oft reger Verkehr.

Richtiges Verhalten bei einem Wildunfall

Eine Bewegung im Augenwinkel, ein heftiger Aufprall, eine Notbremsung und das Herz setzt gefühlt einen Moment aus. Ein Wildunfall ist für jeden erstmal ein Schock. Das Wichtigste in diesem Moment Ruhe bewahren und Sicherheit herstellen. Auf keinen Fall sollte man direkt aus dem Auto springen und dabei vielleicht dem nächsten Auto vor die Motorhaube laufen. Die erste Handlung sollte sein, die Warnblinker einzuschalten, um andere Verkehrsteilnehmer zu warnen. Im Anschluss muss die Unfallstelle abgesichert und der zuständige Jäger informiert werden. Wenn man nicht weiß, welcher Jäger für den Bereich der richtige Ansprechpartner ist, dann ruft man die Polizei.

In der Regel kleben am Auto Haare oder Schweiß des verunfallten Wildtieres. Oft liegt das Stück ein paar Meter weiter am Straßenrand. Auf keinen Fall sollte man sich dem Tier nähern – denn damit könnte man es aufmüden, wenn es noch lebt. Die Polizei informiert den zuständigen Jäger. Dieser kümmert sich dann um das Wild und stellt dem Unfallverursacher eine Bescheinigung für die Versicherung aus. Wildunfälle werden von fast allen Teilkaskoversicherung abgedeckt.

Was passiert mit dem Wild nach dem Wildunfall?

Wenn das Stück verendet ist

Ist das Wildtier verendet, dann wird es der Jäger mitnehmen. Allerdings ist es ihm per Gesetz untersagt, das Wildbret weiterzuverkaufen oder für den Eigenbedarf zu verwenden, denn es fehlt die Lebendbeschau. Dies bedeutet, dass der Jäger am lebenden Stück keine Aussage zu seinem Verhallten treffen konnte, die eine Genusstauglichkeit bestätigen würden. Das Wildtier kann aufgrund einer Krankheit in seiner Reaktionsfähigkeit eingeschränkt und ist deshalb vor das Auto geraten.

Wenn das Stück am Unfallort noch lebt

Wenn das verunfallte Wild noch lebt, wird der Jäger es so schnell wie möglich erlösen. Da ausschließlich der gewachsene Boden als Kugelfang zählt, kann er dem Stück nur dann einen Fangschuss antragen, wenn es sich abseits der Straße befindet. Liegt es dagegen auf dem Asphalt, so muss er das Stück mit der blanken Waffe (einem Messer) von seinem Leid erlösen. Das Wildbret darf er nur dann weiter verkaufen, wenn er es vorher tierärztlich untersuchen lässt.

Das Stück lebt und ist nicht am Unfallort

Verkehrsunfälle verursachen in der Regel schwere innere Verletzungen beim Wild. Oft sind die Tiere voll mit Adrenalin, die Läufe noch intakt. Dies führt häufig dazu, dass die Tiere noch flüchten können. Der Jäger wird das Stück entweder mit dem eigenen brauchbaren Jagdhund nachsuchen oder einen Schweißhundführer informieren. Findet man das Stück nach der Nachsuche verendet auf, so ist das Fleisch ebenfalls genussuntauglich. Lebt das Stück noch und wird mittels Fangschuss erlegt, muss man es ebenfalls untersuchen lassen, bevor es vermarktet werden darf. Denn auch hier konnte das natürliche Verhalten des Wildes vorher nicht von einer kundigen Person begutachtet werden.

Wildunfall – was ist verboten?

Wer einen Wildunfall verursacht hat und nicht in Besitz eines gültigen Jagdscheins oder einer entsprechenden Sachkunde ist, der darf das Stück nicht erlösen. Mangelnde Kenntnis in der Tötung eines Tieres können nur noch mehr Tierleid verursachen, anstatt es zu beenden. Ausschließlich ein Jäger oder die Polizei dürfen das Stück erlösen. Nicht-Jäger haben weder ausreichend Kenntnisse, noch die Fähigkeiten, ein krankes Stück schnell und weitestgehend schmerzfrei zu erlösen.

Wer einen Jagdschein besitzt, darf in einem fremden Revier das verunfallte Wild ausschließlich mit der Genehmigung des Jagdpächters oder der Polizei erlösen.

Allgemein gilt: Wer noch nie ein Stück mit der blanken Waffe abgefangen hat, sollte sich nicht bei einem Wildunfall daran „probieren“. Im besten Fall übt man solche Vorgehensweisen mit erfahrenen Jägern an einem toten Wildkörper und hat bei den ersten Malen ebenfalls einen erfahrenen Jäger dabei. Tiere, die dem Naturschutzrecht unterliegen (wie z.B. Biber und Wolf), dürfen auch von einem Jäger im eigenen Revier nicht erlöst werden. Hier gilt der Artenschutz mehr als der Tierschutz und die jeweils offiziellen Stellen treffen die finale Entscheidung über gesund pflegen oder töten.

Wie vermeide ich Wildunfälle?

Etwa alle zweieinhalb Minuten ereignet sich in Deutschland ein Wildunfall. Das einfachste Mittel, um das Risiko zu senken, ist die Geschwindigkeit zu senken. Besonders in Gebieten, die als Wildwechsel ausgewiesen sind, sollte man bei Dunkelheit nicht schneller als 60 km/h fahren. Sieht man in der Ferne Wild über die Straße wechseln, dann ist es sinnvoll, die Geschwindigkeit noch weiter zu drosseln. In der Regel sind die Tiere nicht alleine unterwegs und wo ein Stück über die Straße zieht, werden vermutlich noch weiter folgen. Zudem sollte man abblenden, denn Wild geblendet auf der Straße stehen und visiert die helle Lichtquelle an. Daher: Fernlicht aus! Hupen dagegen kann kontraproduktiv sein, für Unruhe und Verwirrung sorgen und das Wild erst recht auf die Straße treiben.

Verkehrsschild

Verkehrsschilder machen auf starke Wechsel aufmerksam. (Foto: Dr. Stefan Birka)

Lässt sich ein Unfall nicht mehr vermeiden, ist es im Sinne des Selbstschutzes, keinen Ausweichversuch zu starten. Es heißt Steuer festhalten und bremsen. Ein Ausweichversuch kann im Straßengraben oder an einem Baum enden. Um ein überfahrenes Tier ist es sicherlich schade, doch ein Menschenleben zählt in dem Fall dann doch mehr.

Lesen Sie hier, welche Möglichkeiten man als Revierinhaber hat, Wild von den Straßen fernzuhalten.