Die beiden Flintentrainer und CPSA Coaches GREGOR SCHMIDT-COLBERG und JAKOB RÖDER vom Regensburger Schießstand Bockenberg erklären, worauf es ankommt.
Was bedeutet es eine Flinte anzuschlagen und was ist der genaue Zweck?
Die Antwort lautet: Die Anschlagsbewegung dient letztlich dem kontrollierten Ausrichten der Mündung auf den Tötungspunkt des Zieles. Wird man sich dessen bewusst, hat das gravierende Konsequenzen für die Ausführung der Anschlagsbewegung. Vielfach kann man Schützen beobachten, die im Anblick eines zu beschießenden Ziels ihre Anschlagsbewegung damit beginnen, ihre Flinte mit dem Hinterschaft mit einer ruckartigen Bewegung an die Schulter zu reißen. Dabei senkt sich in der Regel die Mündung zunächst nach unten, mit Bewegungen aus der Körpermitte heraus wird in der Folge versucht die Mündung wieder mühsam Richtung Ziel zu bringen.
Erfolgversprechender ist es, die Bewegung mit der Hand am Vorderschaft zu beginnen. Schließlich hält sie das Laufbündel mit der Mündung an dem Ende, aus der die Schrotladung sich Richtung Ziel auf den Weg machen soll. Die Bewegung der Vorderschafthand vollzieht sich in einer ziehenden leichten Bogenbewegung vom Körper weg in Richtung Ziel unter das Schützenauge.
Die Hand am Hinterschaft/Pisolengriff folgt synchron im Innenradius der Vorderschaft- hand im Außenradius. Die Vorderschafthand dominiert also die Anschlagsbewegung.
Eine Frage der Koordination
Die Steuerung der Vorderschafthand übernimmt das Auge auf der Seite der Anschlagsschulter. Da dieses Auge dominant benutzt werden muss, empfiehlt es sich grundsätzlich, das gegenüberliegende Auge zu schließen um Fehler, die sich aus Problemen bei der Augendominanz ergeben, zu vermeiden. Nur sehr geübte Schützen, die regelmäßig viel schießen, können ggf. anders verfahren und mit beiden Augen offen schießen. Eine generelle Empfehlung hierzu kann es jedoch nicht geben. Die Koordinationsleistung beim Flintenschießen wird gewissermaßen „über Kreuz“ erbracht. Das rechte Auge koordiniert die linke (Vorderschafthand) Deuthand über das linke Bein. Umgekehrt für Linksschützen: das linke Auge koordiniert die rechte (Vorderschafthand) Deuthand über das rechte Bein.
Die Mündung kommt zum Auge
Die erforderliche Bewegung mit der Flinte kann jeder mit seinem Zeigefinger üben. Am Beispiel des Rechtsschützen: sein rechtes Auge fixiert den Zielpunkt, mit einer ziehenden Bogenbewegung des linken Arms – bei ausgestrecktem Zeigefinger – bringt er nun seine Zeigefingespitze unter das rechte Auge, während das Auge konstant am Zielpunkt bleibt. Die Arm-/Handbewegung zieht dabei den Körper über das linke Bein leicht nach vorn. Bitte nicht mit der Wirbelsäule drücken!
Wir alle erlernen die Fähigkeit des Deutens schon vor dem 2. Lebensjahr. Und was wir mit dem Finger deuten können, können wir auch mit der Flinte deuten/schießen. Denn die Flinte ist gewissermaßen nur die schießende Prothese unseres (Deut-)Zeigefingers. Wir müssen sie nur so benutzen, wie wir es mit unserem Zeigefinger gewohnt sind. Wir alle kennen aus der Jagdausbildung den Spruch: „Der Schaft kommt zum Kopf – und nicht der Kopf zum Schaft.“ Der Spruch ist einigermaßen irreführend. Denn er stellt wieder den Hinterschaft ins Zentrum der Anschlagsbewegung. Viel besser wäre es zu sagen: Die Mündung kommt zum Auge und nicht das Auge (mit einer Nickbewegung des Kopfes) zur Mündung.
Eine kontrollierte Auge- /Handkoordination ist eben nur möglich, wenn die Sehachse Auge – Objekt konstant bleibt. Das bewegliche Element ist der Deutarm, der auf die konstante Sehachse kommen muss.
Darauf kommt es an!
Es muss bei einer guten Anschlagbewegung beachtet werden, dass sie primär eine „Mündung unter das Auge Bewegung“ ist und nur sekundär eine faktische „Schaft an die Schulter Bewegung“. Die Auge-/Handkoordination ist bei uns allen fest im Unterbewusstsein abgespeichert. Die sich daraus ergebenden Festlegungen bewirken, dass wir nicht gegen diese, sondern nur mit ihnen handeln können. Die sich für das Flintenschießen wichtigste, daraus ergebende Festlegung ist: unsere Deuthand wird die Mündung immer nur dahin bringen, wohin wir blicken. Wenn wir also vor das Ziel schießen müssen, um es zu treffen, müssen wir auch vor das Ziel blicken. Wie dies genau funktioniert, ist an dieser Stelle nicht wirklich darstellbar. Lässt sich aber während eines professionellen Flintenunterrichts in der Praxis zügig zeigen und erlernen.
Im Zusammenhang mit einer korrekten Anschlagsbewegung ist es auch wichtig, den Begriff des Mitschwingens richtig zu verstehen. Dieser meint nicht das Mitgehen mit dem Ziel, als ob die Flinte benutzt würde wie eine Kamera, die ein Objekt filmt. Vielmehr ist damit das Vorbringen der Mündung auf den Tötungspunkt des Ziels (vor dem Ziel!) durch die Anschlagsbewegung selbst gemeint. Sie wird ausgeführt durch eine ziehende Bogenbewegung der Hand am Vorderschaft, die die Mündung unserer Flinte vor das Ziel bringt, während dabei das Auge gleichzeitig vor das Ziel blickt. Statt von Mitschwingen, wäre es besser von Vorschwingen zu sprechen. Das Gegenteil von Vorschwingen ist das Hinstechen zum Ziel. Letzteres ist insbesondere bei Querfliegern kontraproduktiv.
Klare Sicht
Da das Sehen der Steuerungsfaktor der Anschlagsbewegung ist, muss auch das Thema Brille angesprochen werden. Gleitsichtbrillen sind für das dynamische Schießen ungeeignet, weshalb wir sie zum Flintenschießen nicht verwenden sollten. Das Brillengestell und die Brillengläser sollten groß genug sein, der obere Brillenrand sollte die Augenbrauen leicht überragen. Bei zu kleinen Brillen schauen die Schützen leicht über den Brillenrand drüber und die Brille wird unwirksam. Um dies zu vermeiden, heben sie dann den Kopf, was die korrekte Sehachse negativ beeinflusst. Das Tragen einer Schießbrille ist anzuraten. Gute Exemplare haben einen verstellbaren Nasensteg, um die optimalen Schärfepunkte der Gläser der korrekten Sehachse anzugleichen. Während der Jagd und auf dem Schießstand ist das Tragen einer Brille schon aus Sicherheitsgründen immer geboten. Wer diese Faktoren berücksichtigt, trifft.
Viele Faktoren entscheiden über den Erfolg
Die Waffe schießt, der Schaft trifft! Auch diesen Spruch kennen wir. Passt er zum vorher Gesagten? Nicht ganz! Die Waffe schießt, die richtige Bewegung vom richtigen Sehen gesteuert trifft! Der Schaft allerdings unterstützt eine richtige Bewegung, wenn er zum Körperbau des Schützen / der Schützin passt. Hier kann es im Einzelfall viel Handlungsbedarf geben.
Auch die Flinte selbst kann eine erfolgreiche Anschlagsbewegung unterstützen oder behindern. Gewicht, Balance, Lauflänge, Laufgewicht und Rückstoßverhalten sind Faktoren, die die Bewegungsqualität des Flintenanschlags beeinflussen.