Damwild jagen in der Brunftzeit: die Brunftkuhlen-Begehrlichkeit

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Bei der Damwildjagd in der Brunftzeit gibt es einiges zu beachten. Foto: Unsplash/Arnd-Jan Luters

Die Damwildbrunft ist jedes Jahr wieder ein besonderes Ereignis. Worauf Sie beim Jagen vom Damwild in der Brunftzeit achten sollten, verrät Ihnen unser Autor PATRIK BOLLRATH.

 

Akustische Ansage vom Damwild

Kräftiges Rülpsen ertönt aus dem Wald. Tagelang. Nur zeitweise wird es von laut aufeinander krachenden Geweihstangen unterbrochen. Die Akustik macht klar: Es ist Damwildbrunft. Der Kampf, den sich die Schaufler in dieser Zeit liefern, ist brutal. Ihre Körper sind im absoluten Ausnahmezustand. Seit Wochen haben sie keine Äsung aufgenommen und bringen dennoch körperliche Höchstleistungen – ob im Kampf oder im Fortpflanzungsakt. Nicht selten werden Verliererhirsche zu Tode geforkelt. Um ihre Stellung im Brunftterritorium zu festigen, schlagen die Hirsche mit ihren Läufen eine Brunftkuhle. Anschließend nässen sie in diese Kuhle und suhlen sich darin, um ihren Geruch zu intensivieren und ihr Revier zu markieren. Junge und sehr alte Hirsche nehmen nur unscheinbar als Nebenbuhler, ohne eigenes Brunftterritorium, an der Brunft teil. Sie stehen am Rande der Brunftplätze oder ziehen unschlüssig umher.

 

Das Timing vom Damwild

Die Hauptbrunftzeit findet, bei uns in Schleswig-Holstein, in der Regel zwischen dem 20. und 30. Oktober statt. Natürlich gibt es jedes Jahr Veränderungen, und sowohl die Region als auch das Wetter spielen eine entscheidende Rolle. Ist es zum Beispiel zu warm, mag die Brunft meist nicht richtig in Gang kommen. Auch wenn es nur regnet, fällt sie oft etwas ruhiger aus. Kommen in der Nähe der Brunftplätze viele Erholungssuchende vor, verschiebt sich die Brunft in der Regel komplett in die Nachtstunden, und tagsüber hört man nur selten einen Hirsch melden.

 

Lage, Lage, Lage

Die Brunftplätze sind in jedem Revier anders, jedoch folgt das Damwild einem speziellen Muster, was die Gegebenheiten angeht. Gerade das Kahlwild hat auch in der Brunft ein ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis. Das bedeutet, es möchte potenzielle Feinde frühzeitig erkennen und dabei selbst nicht gesehen werden. Häufig werden dunkle, verborgene Stangenhölzer bevorzugt. In diesen kann das Wild sehr gut äugen, jedoch ist es selbst nur schwer zu erkennen. Auch etwas lichtere Regionen in Dickungen sind beliebte Stellen. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel.

So kenne ich auch Brunftplätze im lichten Fichten- oder Eichenaltholz sowie eine sehr alte und jedes Jahr wieder angenommene Brunftkuhle auf einer Wildwiese. Selbst wenn die Wildwiese für eine Neueinsaat umgepflügt wurde, ist im Herbst an derselben Stelle wieder eine Kuhle, in der ein Hirsch liegt. Es gilt nun noch zu unterscheiden, was eine echte Brunftkuhle ist und was nur Kratz- und Markierungsstellen der Hirsche sind. In der Nähe der Brunftkuhlen häufen sich die Kratzstellen, und um die Brunftkuhlen selbst ist der Boden meist auf einer großen Fläche schwarz und aufgewühlt. In der Brunftkuhle sind meist Abdrücke des dort liegenden Hirsches zu finden – und damit meine ich nicht nur reine Schalenabdrücke, sondern auch wirklich eine Stelle, an der der Hirsch gelagert hat. Reine Kratzstellen findet man oft an Wegen und herabhängenden Ästen, die von den Hirschen bearbeitet werden.

 

Hunt smart, not hard

In der Regel werden die Brunftplätze von Hirschen zwischen dem 6. und 8. Kopf dominiert. Diese sind dann in ihrer körperlich besten Verfassung, auch das Geweih ist in dieser Zeit am größten, jedoch nicht am schwersten. Diese mittelalten Hirsche werden in den meisten Revieren nicht bejagt. Je nach Hochwildhegegemeinschaft variiert das Zielalter für Hirsche zwischen dem 8. und dem 10. Kopf oder älter.

Diese Hirsche sind nicht mehr die stärksten und stehen daher auf kleinen, eigenen Brunftplätzen mit nur wenigen Stücken Kahlwild oder in den äußersten Randbereichen der großen Brunftplätze. Hier sollte man auf einen alten oder abnormen Hirsch jagen. Zum einen stört man das Brunftgeschehen an den großen Plätzen gar nicht oder nur minimal, und zum anderen sind die Hirsche dort in der Regel zu jung. Dass man in dieser Zeit nicht das Kahlwild auf den Brunftplätzen erlegt, sollte selbstverständlich sein. Auch wenn straff gejagt wird, sollte die Brunft ungestört stattfinden können. Es gibt davor und danach immer noch genügend Möglichkeiten, Strecke zu machen.

 

Damwild: Seltener Gast oder Dauermieter?

Im Damwildrevier ist die Brunft wohl die spannendste Zeit im ganzen Jagdjahr. In keiner anderen Jahreszeit ist das Damwild so gut „erlebbar“ wie zur Brunft. Egal, ob man ein Revier hat, in dem Damwild lediglich als Wechselwild vorkommt, oder ein Revier, in dem die Brunft stattfindet – Bewegung kommt in alle Reviere. Zunächst unterscheiden wir jedoch zwischen genau diesen zwei Reviertypen. In Revieren, in denen Damwild nur als Wechselwild vorkommt, ist die Brunftzeit eine der besten Zeiten, um auch einen Hirsch zu strecken. Gerade gegen Ende der Brunft ziehen die Hirsche oft weite Strecken, um noch an abgelegenen Brunftplätzen, etliche Reviere weiter, ein Stück Kahlwild zu beschlagen. In dieser Zeit wechseln die Hirsche mitunter am helllichten Tag zwischen den Brunftplätzen hin und her. Sicheres Ansprechen und Erlegen ist nun deutlich einfacher.

 

Wissen um Wechsel

Der Jäger, der um die Brunftplätze und ihre entsprechenden Fernwechsel weiß, hat sehr gute Chancen, hier seinen Hirsch zu erbeuten. Hier ist allerdings enormes Sitzfleisch gefragt. Kameras helfen, die Wechsel ausfindig zu machen, die am stärksten frequentiert werden. Dies kann auch von Jahr zu Jahr leicht variieren, besonders wenn sich die Umgebung häufig verändert und etwa die Bewirtschaftung der Kulturlandschaft das Landschaftsbild verändert hat. An diesen Stellen sieht man die Hirsche meist nur einmal, daher gilt: sitzen, sitzen, sitzen – und wenn ein Hirsch anwechselt, sollte man eine schnelle Entscheidung treffen.

 

Der erste Eindruck

Gerade bei schnellen Entscheidungen ist meist der erste Eindruck der richtige. Sollte der erste Eindruck sein, dass es sich hier um einen alten und reifen Hirsch handelt, der aufgrund von Habitus und Verhalten eben dieses Alter vermittelt, so ist die Entscheidung in 95 Prozent der Fälle richtig. Wenn der erste Eindruck beim Erscheinen des Hirsches einem jedoch sagt, dass man es mit einem mittelalten Hirsch zu tun hat, sollte man dabei bleiben.

Sich einen Hirsch älter oder abschusswürdiger zu reden oder zu denken, entsteht meist aus einem Wunsch und nicht aus der Realität. Im Wechselwildrevier sind die Begegnungen zufällig, dessen sollte man sich bewusst sein. Wer sich jedoch gut vorbereitet, die Wechsel kennt, die Ansitzeinrichtungen dementsprechend platziert hat und genügend Zeit investiert, macht die Jagd auf einen Hirsch zwar nicht planbar, jedoch deutlich realistischer.

 

Früher Vogel fängt den Wurm

In den Feisthirschrevieren gilt es, unmittelbar mit Beginn der Jagdzeit auf die Hirsche zu jagen, da diese sonst abwandern und dann erst Mitte Dezember oder Anfang Januar wiederkommen. Bis dahin kann viel passieren. Einige werden erlegt, andere fallen dem Verkehr oder der Brunft zum Opfer.

Es gilt also, sich zu beeilen, möchte man etwas von dem Kuchen abbekommen. In den Kahlwildrevieren findet meist auch die Brunft statt. Auch wenn das Kahlwild unmittelbar zu den Hirschen zieht, ziehen die Hirsche als Erstes in die Reviere, wo das Kahlwild steht. Hier besteht dann die Gelegenheit, an den Brunftplätzen zu jagen und dieses einmalige Schauspiel zu erleben. In den Morgen- und Abendstunden oder auch den ganzen Tag über können nun die Hirsche beobachtet und bei meist gutem Licht sicher angesprochen werden.

Die Brunftplätze sollten mit Ansitzeinrichtungen für die beiden Hauptwindrichtungen versehen sein, und der Weg zu diesen muss sowohl bei Dunkelheit als auch bei Tageslicht so angelegt sein, dass das Damwild, insbesondere die Alttiere, einen nicht eräugen kann. Ansonsten stört man das Brunftgeschehen nur. Es ist jederzeit sehr penibel auf den Wind zu achten. Auch ist bei einem Schuss genau darauf zu achten, dass das Stück freisteht und der Hintergrund ebenfalls frei von anderen Stücken ist. Da der Hirsch mit dem Kahlwild ständig in Bewegung ist, kann dieses nervenaufreibende Spiel sich auch über Stunden ziehen. Es herrscht oft ein Kommen und Gehen.

Nach dem Schuss gilt es, den Hirsch so schnell wie möglich und ohne viel Aufsehen vom Brunftplatz zu holen. Häufig geht das Brunftgeschehen keine Stunde nach dem Schuss wieder ganz normal weiter. Die Jagd auf den Brunftschaufler kann sehr einfach, aber auch sehr schwer sein. Wie es wird und was für ein Hirsch neben den bekannten noch in Anblick kommen wird, ist jeden Tag aufs Neue ein spannendes Erlebnis.