Revierfahrzeuge – die top Eigenschaften, die sie brauchen

Welche Eigenschaften braucht ein Revierfahrzeug oder Jagdauto? Allrad und Differentialsperre sind tatsächlich nur ein paar davon.

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Was muss ein Auto mitbringen, damit es auch als Revierfahrzeug auf der Jagd taugt? Foto: Ineos

Mit den meisten Autos kann man mal durch den Matsch fahren, einen Feldweg oder eine Rasenkante mitnehmen. Geht es dann aber wirklich ins Revier, so muss ein Geländewagen, ein Revierfahrzeug her. Worauf es dabei ankommt, hat Johannes Lecht für Sie zusammengefasst.

Keine Wochenendkutsche

Die meisten passionierten Jäger sind mit einem mehr oder weniger geländegängigen Auto in den Revieren Deutschlands unterwegs. Doch während die Autopresse heutzutage schon bei einem plastikbeplankten Polo Cross von einem Geländewagen spricht und der Marktanteil an Sport Utility Vehicles (SUV) zum Bestreiten urbaner Abenteuer immer weiter wächst, schütteln eingefleischte Geländewagenenthusiasten nur den Kopf. Manche von ihnen behaupten, man könne heute nur noch weniger als eine Hand voll echter Geländeautos als Neuwagen kaufen. Was aber macht einen echten Geländewagen aus, und wie viel Geländewagen benötigen wir im Revier? Die nächsten Seiten geben Aufschluss.

Allradantrieb

Kein Geländefahrzeug kommt ohne ihn aus – den Allradantrieb. Dabei gibt es den Allradantrieb gar nicht. Denn um die Kraft des Motors auf alle vier Räder zu verteilen, bedienen sich die Hersteller bei ihren Modellen ganz unterschiedlicher Technik. So kann man den modernen permanenten Allradantrieb vom zuschaltbaren Allradantrieb unterscheiden. Ersterer treibt entweder die meiste Zeit die Vorderräder an und schickt die Kraft erst bei Schlupf an der Vorderachse an die Hinterräder. Oder es werden permanent alle Räder angetrieben. Beim zuschaltbaren Allradantrieb werden standardmäßig nur zwei Räder angetrieben, und bei Bedarf wird die zweite Achse vom Fahrer manuell zugeschaltet. Dazu werden die beiden Achsen entweder über Kupplungen oder über Differentiale verbunden. Festzuhalten ist: Kein Auto fürs Gelände sollte ohne Allradantrieb antreten.

Bergung

Selbst der beste Fahrer kann sich mit dem besten Geländefahrzeug festfahren. Dann gilt es, dieses zu bergen. Hierzu haben einige Autos in der vorderen Stoßstange eine Seilwinde verbaut. Aber auch Seilwinden, die nicht fest am Fahrzeug sind und zum Beispiel an einem Baum befestigt werden, können gute Dienste leisten. Dabei ist zu beachten, dass richtiges Bergen geübt sein will, da es durch falsches Handhaben schnell zu schweren Verletzungen kommen kann. Für den Fall einer Reifenpanne sollte das Reserverad (nicht nur ein Notrad) auch bei beladenem Auto schnell erreichbar sein. Dazu wird es meist außen am Heck oder unter der Motorhaube platziert. Natürlich muss dann auch ein geeigneter Wagenheber mitgeführt werden.

Reifen

Die beste Technik nützt nichts, wenn der Fahrer ungeeignete Reifen aufgezogen hat. Für häufigen Geländeeinsatz empfehlen sich Reifen mit speziellem Profil und verstärkten Flanken. Außerdem kann durchs Aufziehen größerer Reifen die Bodenfreiheit erhöht werden. Jedoch sind echte Geländereifen auf der Straße und bei Schnee/Glätte guten Winterreifen deutlich unterlegen.

Bodenfreiheit, Unterfahrschutz und Wattiefe

Um beim Fahren im Gelände nicht ständig aufzusetzen, benötigt das Auto Bodenfreiheit. Diese wird am tiefsten Punkt des Fahrzeugs (bei Geländewagen meist das hintere Differentialgetriebe) zum Boden gemessen. Dieser Wert liegt bei echten Geländewagen bei mindestens 20 Zentimetern. Trotzdem kann es zum Aufsetzen kommen. Um Motor, Getriebe, Differentiale und Tank zu schützen, bietet sich ein Unterfahrschutz an. Dieser besteht aus stabilem Aluminium oder Stahl und wird unter die zu schützenden Teile montiert. Er vermindert aber natürlich die Bodenfrei-heit. Bei dieser wird die dynamische von der statischen Bodenfreiheit unterschieden: So verliert ein Auto mit Einzelradaufhängung durch das Einfedern eines Rads deutlich mehr Bodenfreiheit als ein Auto mit Starrachsen, bei welchem der Abstand vom Boden zur Achse immer annähernd gleich bleibt. Die Wattiefe gibt an, wie tief ein Gewässer sein darf, durch das der Wagen schadlos fahren kann. Sie hängt von der Lage nässeempflindlicher Teile im Auto und von der Lage der Luftansaugung ab, welche durch einen Schnorchel erhöht werden kann.

Radaufhängung

Bei modernen Pkw sind alle Räder einzeln an einer selbsttragenden Karosserie aufgehängt. Dies sorgt für großen Komfort und für Fahrstabilität auf der Straße. Geländewagen besitzen klassischerweise einen stabilen Leiterrahmen aus Stahl, auf welchem die Karosserie sitzt. Am Leiterrahmen sind die Räder über zwei Starrachsen aufgehängt. Dies hat zum Beispiel den Vorteil, dass wenn ein Rad durch den Untergrund nach oben gedrückt wird, das gegenüberliegende Rad nach unten gedrückt wird und damit nicht die Traktion verliert. Neigen sich auf diese Weise Vorder- und Hinterachse in verschiedene Richtungen, spricht man von Achsverschränkung. Geländewagen haben eine möglichst hohe Achsverschränkung, um lange den Kontakt aller Räder mit dem Untergrund zu gewährleisten.

Eine Differentialsperre ist ein Muss für ein gutes Jagdgefährt! Foto: Suzuki

Untersetzung und Differentialsperre

Im Gelände ist es oft von Vorteil, langsam, aber mit viel Kraft fahren zu können. Hierzu gibt’s das Untersetzungsgetriebe, welches alle Gänge noch einmal niedriger übersetzt. In älteren Geländewagen wird dieses meist über einen seperaten Schalthebel gesteuert, in moderneren elektronisch über eine Taste am Armaturenbrett. Echte Geländewagen besitzen außerdem Differentialsperren. Damit bei der Fahrt auf der Straße keine Verspannungen zwischen den vier Rädern entstehen (die kurvenäußeren Räder legen einen größeren Weg zurück und drehen sich dadurch schneller als die kurveninneren), gibt es vorne zwischen den Rädern, hinten zwischen den Rädern und in der Mitte zwischen den Achsen sogenannte Differentialgetriebe, welche unterschiedliche Radgeschwindigkeiten zulassen. Hängt jedoch ein Rad in der Luft und dreht durch, so dreht sich das gegenüberliegende (wegen des Differentials) gar nicht mehr – das Auto hängt fest. Sperrt man das Differentialgetriebe, so bewegen sich beide Räder gleichschnell und der Wagen kann weiterfahren.

Winkel, Winkel

Böschungswinkel vorne und hinten geben an, wie stark die Steigung sein darf, welche das Fahrzeug aus der Ebene anfahren kann, ohne mit Karosserieteilen aufzusetzen. Eine Anhängerkupplung etwa reduziert den hinteren Böschungswinkel deutlich. Der Rampenwinkel zeigt den maximalen Winkel einer Rampe an, über die der Wagen fahren kann, ohne aufzusetzen. Die Steigfähigkeit zeigt an, welche Steigung das Auto bewältigen kann. Sie wird in Prozent angegeben, wobei eine Steigung von 100 Prozent einem Steigungswinkel von 45 Grad enspricht. Die Steigfähigkeit hängt neben Motorleistung, Fahrzeugschwerpunkt und Untersetzung maßgeblich von der Traktion auf dem Untergrund ab. Mit Vorsicht zu genießen ist der Kippwinkel, also der Winkel, ab dem das leere, stehende Auto bei Seiteneingang umkippt. Dieser kann in der Praxis deutlich geringer sein – etwa durch die Beladung.

Ausschlaggebend für die Offroad-Fahrt ist vor allem der Böschungswinkel des Fahrzeuges. Foto: Suzuki

ZUSAMMENFASSUNG

Ein echter Geländewagen zeichnet sich also durch weit mehr aus, als nur einen Allradantrieb und eine erhöhte Bodenfreiheit aus. Starrachsen, Untersetzungsgetriebe, Differentialsperren und richtige Geländereifen sind in wirklich schwerem Terrain unabdingbar. In den meisten deutschen Revieren kommt man, richtige Fahrweise vorausgesetzt, aber auch mit einem SUV recht weit. Dabei ist ein Unterfahrschutz eine sinnvolle Anschaffung. Außerdem kann ein Arbeitsscheinwerfer im Jagdbetrieb gute Dienste leisten. Auf dem Weg ins Revier ist ein SUV mit ordentlicher Sommer oder Winterbereifung um Längen schneller und sicherer als ein Geländewagen. Für viele Jäger wird also der etwas aufgemotzte SUV eine sehr gute Wahl sein. Jagt man allerdings in einem Revier mit schwierigem Terrain, hat keine langen Autobahnanfahrten und nutzt das Auto hauptsächlich als Jagdwagen, dann kann sich ein echter Geländewagen mit entsprechender Bereifung durchaus lohnen. Für die Leser, die sich immer noch fragen, welches denn nun die letzten echten Geländewagen sind, die man neu kaufen kann.
Autos die das leisten, sind beispielsweise der Suzuki-Jimny, der Toyota Landcruiser, der Infos Grenadier, die G-Klasse sowie verschiedene Pick-Up.