Rhön – nichts röhrt mehr?
Die Rhön, einst berühmtes Rotwildhabitat, ist heute nur noch im Einzelfall Zuhause der Cerviden. Wie überall in Bayern und Baden-Württemberg zerschneiden auch hier die sogenannten Rotwildgebiete die Landschaft und erschweren Wanderverhalten und genetischen Austausch. Kritik am gegenwärtigen Konzept kommt vor allem von Jägern und Biologen. Die Gefährdung einer Art durch fehlenden genetischen Austausch und zu geringes Vorkommen in der Fläche, hat große Ausmaße erreicht.
Punktuelle Vorkommen sind kein Einzelfall
Wie die Forschungsergebnisse der jüngsten Studie der Uni Göttingen zum Grad der genetischen Vielfalt zahlreicher Rotwildvorkommen zeigen, herrscht in vielen Vorkommen bereits starke genetische Verarmung. Kurz, die Tiere paaren sich mit Tieren sehr enger Verwandtschaftsgrade. Gerade Biotope wie der Truppenübungsplatz Wildflecken mit seiner halboffenen und offenen Landschaft wären allerdings ideal für Cervus Elaphus. Doch die örtliche Jägerschaft stellt auch hier geringe Rotwilddichten fest. „Rotwild ist ursprünglich ein Steppentier und Grasfresser, das durch die massive Bejagung in Waldgebiete zurückgedrängt wurde. Gerade in der Rhön, etwa im Truppenübungsplatz Wildflecken, haben wir große Offenlandflächen, die ein ideales Biotop wären. Leider ist dieser Bereich aber ebenfalls rotwildfrei zu halten“, so Hans-Jörg Blank, stellvertretender Vorsitzender der Bad Brückenauer Kreisgruppe des Bayerischen Jagdverbands gegenüber dem Online-Magazin inFranken.
Verschärft der Wolf die Situation in der Rhön?
InFranken zitiert Hans-Jörg Blank mit den Worten: „Die Situation hat sich durch die Wölfe verschärft, die Wölfe bringen den Hirsch dazu, seine Einstände zu verlassen und in Gebiete zu ziehen, in denen er sich nicht aufhalten darf. Dort trifft das Rotwild – im Gegensatz zum Wolf – die Regelung des bayerischen Jagdrechts in aller Härte, das dann vogelfrei zum Abschuss freigegeben ist.“
Warum der Wolf das gesamte Bundesgebiet ohne Bejagung und Einschränkungen besiedeln sollte und das Rotwild hingegen vogelfrei ist, sobald es sein legaldefiniertes Rotwildgebiet verlässt, ist in der Tat nicht zu rechtfertigen.
Rotwildgebiete beim Staatsforst populär
Zustimmung erfahren die Rotwildgebiete allerdings bei den Bayerischen Staatsforsten auch in der Rhön. Dr. Michael Kutscher, Forstbetriebsleiter des Betriebs in Bad Brückenau, wird von inFranken mit den Worten „Wir haben festgestellt, dass dort, wo es Rotwild gibt, auch die Schäden an den Bäumen zunehmen. Würden die Gebiete abgeschafft, würden sich die Schäden zwar verteilen, aber im gleichen Zuge würde die Population wachsen, so dass am Ende mehr Schäden in der Breite entstehen. In unserem Forstbetrieb haben wir in den vergangenen drei Jahren 3,8 Prozent Schälschäden über alle Baumarten verteilt“, zitiert. Eine genetische Verarmung der Tiere in der Rhön bezweifelt er und argumentiert mit Grünbrücken. Zudem äußerte er den Vorschlag, Hirsche mit guter Verfassung außerhalb der definierten Rotwildgebiete nicht zu erlegen, um genetischen Austausch zu ermöglichen.
Rhön ohne Grenzen?
Wie man es dreht und wendet, offenbar funktioniert in vielen Teilen der Bundesrepublik der Austausch zwischen den Rotwildvorkommen nicht. Gerade wegen der Rotwildgebiete ist eine Verbreitung in andere geeignete Biotope nahezu unmöglich. Ob im Schwarzwald, im Allgäu oder in Hessen, die Perspektive ist eine Düstere. Dabei sind Regionen wie die Rhön leider beileibe kein Einzelfall.