Wie lässt sich der Fuchs richtig reizen? Wir kennen sie alle, die schönen, spannenden Geschichten aus der Fachliteratur: In klirrend kalten und schneereichen Vollmondnächten zu bekommen, wenn – ja wenn wir diese Lockart beherrschen. Einige wenige Jäger können das Todesklagen mit der geballten Faust nachahmen. Sie brauchen kein Instrument. Ich denke aber an die vielen Jäger, die auf ein solches angewiesen sind. Das Mäuseln kann man durch Ansaugen von Luft am Daumennagel imitieren, ebenso mit Reiben von Styropor an einem gummiarmierten Fernglas oder eines Korkens an einem kleinen Flaschenhals. Einfacher ist es jedoch, ein Mauspfeifchen zu benutzen.
Wichtige Fragen: Wie den Fuchs reizen?
Ob strenge Winter oder nicht, der Fuchs ist schlau, das wissen wir. Seine Sinne sind aufmerksamer, als unser durch Stress und Zeitdruck gehetzter Menschenverstand. Um den gewünschten Erfolg zu haben, müssen wir versuchen, uns in den wird auf den Fuchs gereizt. Aber nur selten ist der Winter derart streng, dass die Mäuse tief im Boden bleiben und Hase sowie Kanin große Not leiden. Wie soll man da den vor Beutemangel knurrenden Magen von Meister Reineke zur Reizjagd ausnutzen?
Wir nennen die Lockinstrumente für den Fuchs: Hasenklage, Hasenquäke, Mauspfeifchen, Vogelangstruf oder „Fuchsreize“. Letzteres ist am treffendsten. Wir können den Fuchs nur „reizen“. Er wird instinktiv aufmerksam, wenn das Todesklagen des Hasen erklingt, auch wenn sein Magen nicht knurrt. Die Neugierde hilft uns, den Fuchs vor die Flinte oder Büchse Fuchs hineinzudenken. (Das gilt für jede Lockart.) Was nützt die schönste und wärmste Kanzel, wenn sie ungünstig steht? Die erste Überlegung: Wo könnte der Fuchs stecken, in der Dickung, im Schilf oder im Senffeld? Wo befinden sich bekannte Fuchspässe, und wie sind an dieser Stelle die Windverhältnisse?
Ganz leichter Wind ist von Vorteil, da man diesen bei der Standortsuche besser einschätzen kann. Steht dort ein Sitz, eine Kanzel oder muss man vom Boden aus reizen? Der wenig geübte Jäger sollte von einem Hochsitz aus reizen, muss aber folgendes unbedingt beachten: Der Fuchs kann die Laute metergenau orten. Außerdem weiß er, dass Hasen nicht auf Hochsitze klettern können. Genauso ist ihm klar er, dass ein Hase oder Kanin nur einmal stirbt. Deshalb wird man es unterlassen, die Strophen zu wiederholen, und wird nur einmal klagen. Es könnte allerdings sein, dass ein Fuchs bei unserer Klagestrophe gerade im Bau steckt. Also kann man eventuell nach einer dreiviertel Stunde nochmals klagen.
Klagen von oben
Wenn man von oben reizt, wird man unbedingt in die entgegengesetzte Richtung klagen und nicht in die, wo man den Fuchs vermutet. In einer Kanzel steckt man den Kopf aus der gegenüberliegenden Luke und richtet den Ton so, dass er gewellt nach unten fortgetragen wird. Man umschließt die Locke mit beiden hohlen Händen. Während des Hineinblasens öffnet und schließt man diese. Man fängt mit geschlossenen Händen an, öffnet und schließt diese kurz im Wechsel, um dann leise mit dem absterbenden Ton zu enden. (Au weeh, au weeeh, mir tut der Bauch so weeeeeh.) Während der Strophe drehen wir den Kopf von links nach rechts und umgekehrt, damit der Fuchs bezüglich der Richtung etwas irritiert wird. Außerdem beachten wir, dass der Fuchs durch seine hervorstehenden Seher auch nach oben äugen kann. Er bekommt jede Bewegung mit. Reineke ist ein Bewegungsseher.
So, nun ist der Hase verendet, denkt sich der Fuchs. Der ungeduldige Jäger versucht, nach zehn Minuten noch einmal zu klagen. Ob man den Fuchs bereits in einiger Entfernung sieht oder nicht, er wird die Lunte Richtung Himmel strecken und sich schleunigst aus dem Staub machen. Der Altfuchs wird beim vorschriftsmäßigen Quäken vorerst scheinbar unbeteiligt – jede Deckung ausnutzend – versuchen, Ihren Standort zu umschlagen. Wenn er in Ihren Wind oder auf Ihre Fährte stößt, ist er weg.
Mäuseln, nicht pfeifen!
Der eine oder andere Leser wird schon einmal erlebt haben, dass ein Fuchs auf freiem Feld auf das Klagen zusteht. Er kommt auf etwa 100 Schritt heran und setzt sich – offenbar desinteressiert – auf die Keulen und wartet. Es ist in der Regel ein junger Fuchs. Der Jäger wird oft ungeduldig, sollte er aber nicht sein. Er wird warten, bis der Rotrock keine Anstalten mehr macht, näher zu kommen. Nun erst arbeitet er mit dem Mauspfeifchen. Leider wird auf weit verbreiteten Tonträgern in das Pfeifchen so hineingeblasen, als solle ein Jagdhund auf 100 Meter herangepfiffen werden. Die Maus pfeift nicht, sie mäuselt.
Man schiebt das Pfeifchen unter die Oberlippe und haucht die hastigen, aufgeregten Laute des Nagers nach. Für das menschliche Ohr kaum hörbar, für den Fuchs auf über 100 Meter schon. Bei diesen Strophen ist mir in den vielen Jahren schon einiges in Anblick gekommen: Habicht, Eule, Marder, Dachs, Hund, Katze und Sau. Das Mäuseln soll man auch nicht allzu oft wiederholen, sonst hebt selbst der Jungfuchs die Lunte und verschwindet.
Vom Boden aus
Freilich ist eine schneebedeckte Mondnacht im Januar ein tolles Erlebnis. Man sieht, was sich so alles im Revier bewegt. Aber es ist auch Ranzzeit. Der Drang zum Partner ist meistens stärker als die Aussicht, schnell an Beute zu gelangen. Deshalb ist die Zeit vor und nach der Ranz zum Reizen am geeignetsten. Die meisten Erfolge hatte ich in den ersten zwei Februarwochen. Außerdem bevorzuge ich diesige Tage und Tauwetter. Der Fuchs hat nun keine Lust, weite Strecken zurückzulegen, und steht schneller zu, in der Hoffnung, leicht an Fraß zu gelangen. Seine Vorsicht ist auch nicht so ausgeprägt, wie in hellen Nächten.
Viele Füchse konnte ich in der Zeit von 16.00 Uhr bis zum Einbruch der Nacht erlegen, meistens vom Boden aus hinter einem Baum stehend. Man kennt ja sein Revier. Allerdings ist vom Boden aus größte Konzentration angesagt. Wenn man die richtige Kleidung, Bewegungsfreiheit nach allen Seiten und genügend Deckung hat, ist der Erfolg oft schon nach ein paar Minuten möglich. Der grüne, große Batzen hinter dem Baum wird vom Fuchs schnell ausgemacht. Tarnkleidung ist somit von großem Vorteil. Bei Schnee ein geflecktes Schneehemd, ansonsten eine Tarnjacke. Auf jeden Fall so, dass man der Umgebung angepasst ist. Auch braune, graue und erdfarbene Kleidung bewirkt Wunder.
Die rechten Töne
Die Reiztöne zu beschreiben, ist nicht einfach. Man könnte die Strophen mit Noten oder Buchstaben darstellen. Das hat jedoch wenig Sinn. Deshalb füge ich all meinen Instrumenten DVDs oder CDs als Gebrauchsanweisung bei. Die Kunst bei jeder Lockart besteht darin, die natürlichen Töne richtig zu speichern, um sie bei Bedarf naturgetreu wiedergeben zu können. Man braucht sich auf einer Treibjagd nur genau anzuhören, wie ein Hase klagt, wenn ihn der Hund fängt.
Der Fuchsbeller
Die Lockjagd auf Füchse beginnt für mich im Juli. Zu diesem Zeitpunkt werden die Jungfüchse selbstständiger. Nun wirkt ein Fuchsbeller Wunder, wenn man mit diesem den Lockruf der Fähe, die Beute gemacht hat, nachahmt. Auch von Juli bis August kann man mit der Hasen- klage arbeiten, denn nun werden durch Mäharbeiten des Öfteren Hasen verletzt und klagen. In der Ranzzeit kann man mit dem Beller einem kläffenden Fuchs antworten oder einen zum Bellen anregen.
Die Fuchsflöte
In alter Literatur las ich von einer „Fuchsflöte“, mit der man den Ranzlaut der Fähe nachahmt (ab Ende Oktober). Mein Gedanke war, dass die Jäger von damals nicht so hoch entwickelte Schusswaffen mit entsprechender Optik wie heute hatten. Also haben sie etwas entwickelt, mit denen sie das Wild auf Schrotschussentfernung heranlocken konnten. Sofort fing ich mit der Entwicklung an. Zig Muster wurden gebaut, verworfen, geändert. Schwierig war es, den Ranzlaut abzustimmen. Dazu musste ich in eine weit entfernte Fuchsfarm reisen, um aus nächster Nähe den natürlichen Ton mit meinem Instrument abzugleichen, denn unser Ohr nimmt diese Laute nur aus kurzer Entfernung wahr. Der Ranzlaut ähnelt dem Winseln einer läufigen Hündin, wenn sie zum Rüden will. Der Ton ist nur etwas klarer als beim Hund.
Das Eifersuchtreizen
Eine ganz neue Lockart ist eine Kombination aus Vogel-Angstruf und Hasenklage. Sobald der Hormonspiegel steigt (ab Ende Oktober), will auch ein Fuchs sein Revier verteidigen. Bei dem ausgestoßenen Vogelangstruf melden sich auch andere Waldvögel ganz aufgeregt. Erfolgt dann kurz darauf ein Hasenklagen, denkt der Fuchs, dass ein fremder Artgenosse sich in seinem Revier befindet, und schaut nach. Bei den ersten Versuchen erstaunte mich, aus welch großer Entfernung – in einem Fall fast 700 Meter – der Fuchs die Herkunft der Laute auf den Meter genau orten konnte. Auf das Vogelklagen reagieren auch Marder, Dachs, Waschbär und andere Räuber. Der Beuteneid wird geweckt, es könnte ja etwas vom Vogel übrig bleiben. Achtung, auch Schwarzwild reagiert auf jede Klage. Locken, Reizen und Rufen sind urige Jagdarten. Wer sie beherrscht, wird viel Freude damit erleben.