Der Trend der letzten Jahre ist es, immer kürzere Läufe zu verwenden. Zum einen sind kurze Läufe praktisch, zum anderen verwenden mehr und mehr Jäger einen Schalldämpfer und der macht lange Läufe oft kopflastig oder unhandlich. Wir haben uns den Trend mit den kurzen Läufen und die Auswirkungen kurzer Läufe auf die Ballistik für Sie genauer angesehen.
Viel Dämpfer und wenig Dampf?
Der Einsatz kompakter Waffen und eines Schalldämpfers hat große Vorteile. Die Waffe schlägt im Schuss weniger hoch, der Mündungsknall wird je nach Dämpfer erheblich reduziert und auch der Rückstoß ist geringer. Wenn man so will, reduziert sich dadurch oftmals die Schützenstreuung – der Schuss wird präziser. Zudem ist ein Schalldämpfer gut für unsere Ohren, die unseres Hundes und bringt zudem auch Ruhe ins Revier. Denn gerade beim Schalenwild lässt sich beobachten, dass dieses oftmals durch den gedämpften Schuss nicht so beunruhigt wird, wie durch einen ungedämpften Schuss. Oft kann das Wild auch die Richtung der Schussabgabe schlecht einordnen und äst teils vertraut weiter. Doch einfach kürzen und Gewinde schneiden und beschießen lassen hat oft negative Folgen für Präzision und Leistung einer Waffe.
Wie viel Lauf darf es sein?
Wollen wir die Vorzüge einer kompakten Waffe mit dem leisen Schuss und dem reduzierten Rückstoß einer Waffe mit Schalldämpfer kombinieren, gehen viele einen Kompromiss ein.
Denn entweder kürzt man den Lauf, was bei vielen Läufen ab einer bestimmten Länge, beziehungsweise treffender, Kürze, einen Geschwindigkeitsverlust, einen Energieverlust und einen Präzisionsverlust zur Folge hat oder man findet sich mit einem längeren Lauf ab.
Als Beispiel sei das Kaliber .30-06 Springfield genannt. Ein tolles Kaliber, eine wirklich leistungsstarke Patrone. Aber nicht aus einem kurzen Lauf!
Warum? Ganz einfach, die Patrone ist, wie einige andere auch, nie für solche Lauflängen entwickelt worden und ist dementsprechend aufgebaut. Ein hohes Pulvervolumen, dessen Abbrand nur in einem Lauf mit einer Minimallänge von etwa 56 Zentimetern so stattfinden kann, dass auch das Leistungspotential der Patrone ausgeschöpft wird. Sägt oder dreht man nun Teile des Laufs ab, um dessen Länge zu reduzieren, nimmt man der Patrone die Möglichkeit das Geschoss in der vorgesehen Weise und auf die vorgesehene Geschwindigkeit zu beschleunigen. Je weiter man kürzt, desto weniger Raum bleibt der Patrone für Pulverabbrand, Geschwindigkeitsentwicklung und Energieaufbau. Es lassen sich mit entsprechender Munition auch noch kürzere Lauflängen nutzen, man entfernt sich jedoch ab einer gewissen Lauflänge vom Leistungsoptimum.
Was wir unter einem kurzen Lauf verstehen
Welcher Lauf als kurz zu bezeichnen ist, hängt vom jeweiligen Kaliber ab. Grundsätzlich sind allerdings Läufe, die 55 Zentimeter Länge und weniger haben in der Regel kurze Läufe. Dass bei einer .308 Winchester mittlerweile 52 oder 50 Zentimeter Lauflänge schon bald die Norm sind, verdeutlicht wie gut sich dieses Kaliber für diese ehemals als sehr kurz verstandenen Läufe eignet. Doch, um die Länge des Schalldämpfers zu kompensieren werden mittlerweile noch weit geringere Lauflängen verwendet. 47, 45 oder gar 42 Zentimeter bei einer .308 Winchester mit der richtigen Drallänge machbar. Es gibt tatsächlich auch Waffen, die mit unter 35 Zentimetern zurecht kommen müssen. Bei solchen Längen kommt dann allerdings auch die 308 an ihre Grenzen, wenngleich es auch Waffen gibt, die mit 35 Zentimetern Lauflänge auf bis zu 150 Meter präzise und wirksam schießen.
Mit geeigneten Kalibern lassen sich aus kurzen Läufen noch solche Werte erzielen.
Kurzer Lauf, lauter Knall
Wo kommt jetzt bei sehr kurzen Läufen und Kalibern, die sich für sehr kurze Lauflängen nicht eignen, der exorbitant laute Knall an der Mündung her?
Beim Austritt aus der Laufmündung verpufft das unverbrannte Pulver mit einem lauten Knall. Umso weniger passend die Lauflänge dabei zum jeweiligen Kaliber gekürzt wurde, desto lauter auch der Knall. Patronen wie die .30-06 Springfield, die .270 Winchester oder beispielsweise die 7X64 fallen in diese Kategorie.
Man verschenkt Leistungspotential, erzielt gerade auf große Entfernungen deutlich schlechtere Zielballistische Wirkung und verliert mit herkömmlicher Munition teils massiv an Präzision.
Zudem reduziert sich der gewonnene Vorteil geringerer Lautstärke beim Mündungsknall. Ist meine Waffe deutlich lauter als mit herkömmlichem Lauf, kann ich den Knall trotzdem nur um die Dämpfleistung des Schalldämpfers, um eine bestimmte Dezibelzahl also, dämpfen. Hinzu kommt zudem, dass der Gasdruck an der Mündung stark zunimmt, was hohe Belastung und schnelleren Verschleiß des Schalldämpfers zur Folge hat.
Kurzer Lauf mit wenig Knall und viel Dampf!
Natürlich gibt es auch Kaliber, die sich hervorragend für den Einsatz mit kurzen und sehr kurzen Läufen eignen. Kaliber, die sogar speziell für den Einsatz aus kurzen Läufen entwickelt wurden. Dazu zählen zweifelsohne Patronen wie die .308 Winchester, die 6.5 Creedmoor, die 8.5X55 Blaser, aber auch die alte Dampflok 8X57IS eignet sich für kurze Lauflängen.
Eine .308 Winchester liegt zwar normalerweise leistungsmäßig unter einer .30-06 Springfield, kommt aber aufgrund ihrer Innenballistik und dazu passenden Drallängen des Laufes wesentlich besser mit kurzen und sehr kurzen Läufen zurecht. Auch eine 8,5X55 Blaser eignet sich, beispielsweise wenn hohe Stoppwirkung gefragt ist, auf nahe, aber auch weite Entfernungen, wesentlich besser als eine Waffe im Kaliber 300 Winchester Magnum mit sehr kurzem Lauf, da sie mit ihrer Ballistik auf den Einsatz kurzer Lauflängen auch unterhalb der 50 Zentimeter ausgelegt ist.
Die Sache mit den Patronen
Natürlich kann man auch bei Kalibern wie der .30-06 Springfield gewisse Leistungseinbußen bei Laufkürzen durch entsprechende Munition abfedern, Leistungsverluste gibt es aber dennoch.
Ein Grundprinzip gilt jedoch auch für geeignete Kurzlaufkaliber:
Die Munition muss zur jagdlichen Situation und Lauflänge passen.
Alle Daten auf der Munitionsschachtel sind, spezielle Munition für kurze Läufe ausgenommen, für einen Messlauf mit 61 Zentimetern kalkuliert. Das heißt, alle Werte für Energie, Geschwindigkeit und Geschossabfall beziehen sich auf einen wesentlich längeren Lauf.
Um die Energie-und Geschwindigkeitsdefizite kurzer Läufe zu kompensieren gibt es spezielle Munition, die Short Rifle von RWS beispielsweise. Man muss dabei jedoch grundsätzlich umdenken, was die Geschossgewichte und deren Wirkung anbelangt.
Denn verschießt man aus einem kurzen Lauf ein extrem schweres, klassisches Teilmantelgeschoss, so mag dies vielleicht auf kürzere Distanzen noch gut gehen. Auf weitere Entfernungen fehlt den Patronen jedoch oftmals Energie und Geschwindigkeit, um ansprechen und wirken zu können. Steckschüsse oder kalibergroße Ausschüsse können die Folge sein.
Leicht und Schnell zum Erfolg
Die Lösung lautet hier zum einen leichtere Geschosse und zum anderen rasantere Laborierungen zu schießen. Denn auch der Schalldämpfer nimmt vermittels Gasrückführung nochmals Geschwindigkeit aus dem Projektil. Starte ich folglich mit einer höheren V0 und einer höheren E0, so sind auch die zielballistischen Werte deutlich besser. Neben den speziellen Kurzlaufpatronen eignen sich auch Patronen wie die Superformance Linie von Hornady mit den GMX oder SST Geschossen oder auch die Barnes TTSX Laborierungen sehr gut. All diese Geschosse haben jedoch, ob bleifrei oder nicht, ein anderes Funktionsprinzip als herkömmliche Teilmantelmunition. Als Deformationsgeschosse sprechen sie nur bei hoher Geschwindigkeit, noch besser aber, bei einem Knochentreffer, Schuss aufs Blatt, an. In vielerlei Hinsicht eine jagdliche Neuerung also.
Für alles gibt es eine Lösung
Man muss sich also im Klaren sein, was man an jagdlichen Entfernungen und Leistungsbereichen abdecken will.
Wollen wir auf übliche, jagdliche Entfernungen bis 200 Meter oder auch bis zu 250 Meter schießen, lassen sich für eine kompakte Kombination aus Lauf und Schalldämpfer passende Kaliber finden, die sich für den kurzen Lauf eignen und auch leistungsmäßig alle jagdlichen Situationen abdecken.
Wollen wir nun tatsächlich mit hoher Energie und Präzision noch weiter schießen, so müssen wir uns mit etwas längeren Lauflängen im Bereich über 50 Zentimetern abfinden. Denn ein Projektil braucht eine Gewisse Dralllänge der Züge und Felder, um Stabilität und Beschleunigung zu erfahren, um auch auf große Entfernung sicher zu treffen.
Für alle anderen, normalen jagdlichen Situationen gibt es jedenfalls passendere Lösungen als einen 40 Zentimeter langen .30-06 Lauf, der einem Flammenwerfer gleicht.