JÄGER Ausgabe Februar 2019 Jäger im Jahr 2020 – Am Rande der Gesellschaft?
Als der Schwarze Tod 1346 nach Europa kam, war nicht abzusehen, dass er binnen sechs Jahren mit 25 Millionen Todesopfern etwa ein Drittel der Weltbevölkerung auslöschen würde. Auch er kam aus dem Osten, auch um ihn rankten sich Aberglauben und obskure Ratschläge. Obwohl durch einen gänzlich anderen Erreger ausgelöst und für Menschen völlig harmlos, ist die Afrikanische Schweinepest (ASP) nicht weit davon entfernt, unter den Sauen Ähnliches in kürzerer Zeit anzurichten. Denn das zeigt China, wo bereits 200 Millionen Hausschweine der ASP zum Opfer gefallen sind. Das entspricht der Hälfte des chinesischen Bestands, der vor der ASP mehr als 50 Prozent der weltweiten Produktion ausmachte. Kein Wunder, dass die Preise für Schweinefleisch durch die Decke gehen. Deutschland gehört zu Europas Hauptexporteuren und profitiert von 40-prozentigen Preissteigerungen und drastisch gesunkenen Einfuhrzöllen.
Während sich jedoch die Vertriebsbranche am Seuchengeschehen gesund stößt, brodelt es in den Panik- und Gerüchteküchen der Bauern und Jäger. Der jüngste ASP-Fall nahe der brandenburgischen Grenze Anfang Januar (Stand: 3. Januar 2020) hat dazu nicht unwesentlich beigetragen. Keine 20 Kilometer trennen uns nun noch von Export-, Jagd- und Betretungsverboten. Dass wir in Deutschland so gut vorbereitet sind wie kaum ein anderes Land, scheint die Sorgen eher zu steigern als zu lindern – ob- wohl wir von jahrelangen Erfahrungen mit der Seuche in unseren Nachbarländern profitieren. Vor- ausschauend rät man hiesigen Bauern deshalb zu teuren Versicherungen im Falle von Ernte- und Ertragsausfällen durch die ASP – wir sind schließlich Versicherungsland Nummer eins. Und sprüht nur so vor jagdlichem Tatendrang. Frei nach dem Motto: „Eine Sau, die ich jetzt erlegen kann, muss kein Kadaversuchhund mehr aufspüren.“ Dabei ist die wahllose Freigabe von Schwarzwild auf Bewegungsjagden ein erwiesenermaßen ungeeignetes Mittel zur Seuchenprävention. Erstens, weil ein Eintrag durch den Menschen viel wahrscheinlicher ist, als dass sich ein pestgebeuteltes Stück Schwarzwild über die Grenze schleppt, und zweitens, weil sich Bestände auch prophylaktisch nicht von oben herab reduzieren lassen.
Wer dies den Berufsjägern und Jagderfahrenen bisher nicht glauben wollte, der lässt sich vielleicht von den Biologen der Uni Wien überzeugen (JÄGER 1/2020). Sie konnten in verschiedenen Modellrechnungen darlegen, dass die Freigabe von Bachen allein keine Bestandsreduktion bewirkt und sogar kontraproduktiv sein kann. Sie führt aber vielerorts zu einer viel schwieriger zu kontrollierenden Situation: umherirrende Frischlingsverbände mit Wanderbereitschaft und ohne Standort-treue, Rausche im ganzen Jahr und vermehrte landwirtschaftliche Schäden.
Wir werden uns im Falle eines Pestausbruchs gegen unwaidmännische Maß-nahmen kaum wehren können. Jetzt können und müssen wir unserem Wild jedoch noch mit Respekt begegnen. Das heißt, beherzt in die Jugendklasse eingreifen, aber ohne die so wichtigen Sozialstrukturen zu zerstören. Ist die ASP erst einmal da, werden die Karten ohnehin neu gemischt.
Am Rande der Gesellschaft?
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Der Schütze
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