Jäger und Förster sehen oft nicht gleich auf. Den Grundsatz „Wald vor Wild“ nutzen manche der Baumzunft um radikal gegen Schalenwild vorzugehen.
Wie sich das auf den Bestand auswirken kann, zeigt eine Pressemeldung der Hegegemeinschaft Hochwild Schuenhagen-Franzburg. Langsam aber sicher geht dort dem Wald das Wild aus.
Aktualisierung: Schonzeit gilt wieder
Land – und Umweltminister Till Backhaus hat ein Machtwort gesprochen, berichtet die Ostsee-Zeitung. Die Schonzeit wird respektiert und das Rotwild wird nicht bejagt. Anscheinend hatte die zuständige untere Jagdbehörde ihre Kompetenzen überschritten. Diese hob die Schonzeit auf, da angeblich drei Stücke Rotwild für starke Schälschäden sorgten – so laut Gutachten des Forsts. Eine solche Entscheidung kann aber nur die obere Jagdbehörde, also das Land, fällen.
Kein Rotwild mehr im Wald
Auch die Oberste Jagdbehörde (OJB) Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin, Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt M-V, hat dem Antrag des Forstamtes (FA) Schuenhagen auf Abschuss von Rotwild in der Schonzeit im Landeswald entsprochen (s.a. die Mitteilung der HG Hochwild Schuenhagen-Franzburg vom 18.04.2019). Die Erlaubnis liegt der Hegegemeinschaft (HG) vor. Dies ist ein Zusammenschluss von Jägern im Rotwildeinstandsgebiet von Stralsund bis Tribsees.
Mit der von ihr erteilten Erlaubnis vom 23.04.2019 hat die OJB bestätigt, dass nicht die Untere Jagdbehörde (UJB) des Landkreises Vorpommern/Rügen zuständig ist. Der von der UJB ergangene Bescheid vom 12.04.2019 ist damit nichtig. Vom 12.04. bis zum 23.04. sind jedoch bereits zwei Stücke Rotwild der Altersklasse 1 erlegt worden. Deren Erlegung erfolgte in der Schonzeit auf Basis einer ungültigen Genehmigung der Kreisbehörde.
Jagd trotz Schonzeit
Rotwild hat in Mecklenburg-Vorpommern derzeit Schonzeit. Der Abschuss ist unverhältnismäßig. Die Erlaubnis basiert auf einer Begründung, die wörtlich aus dem Antrag des Forstamtes Schuenhagen übernommen wurde. Als Grundlage dient ein Verbissinventurverfahren, dass für die Ermittlung der Einwirkung von Rehwild vorgesehen ist. Die Vertreibung der sich zum Setzen der Kälber einstellenden Alttiere durch Schießen der vorjährigen Kälber ist in Hinblick auf den Tier- und Muttertierschutz jagdethisch und wildbiologisch abzulehnen.
Die Aufhebung von Schonzeiten ist ein schwerwiegender Eingriff in das Jagdrecht und die Lebensgewohnheiten des Wildes. Deshalb ist hier ein hoher Maßstab anzulegen, z.B. akute Seuchengefahr oder eine dramatische Wildschadenssituation. Dass letzteres vorliegt, wird seitens der Hegegemeinschaft Hochwild angezweifelt. Gleichwohl ist sie gerne bereit, sich hiervon überzeugen zu lassen, hat jedoch erfolglos um einen Ortstermin zur Einschätzung der tatsächlichen Schadensituation gebeten.
Schalenwilddichte deutlich unterhalb des Zielbestandes
In anderen landeseigenen Forstämtern MVs gibt es durchaus gute bis teilweise überhöhte Wildbestände. Dies gilt jedoch nicht für das Forstamt Schuenhagen. Seit Jahren nicht erfüllte Abschusspläne und sinkende Abschusszahlen in den Jagdbezirken dieses Forstamtes widersprechen überhöhten Wildbeständen in diesem Bereich. In der gesamten HG sind die Rotwildbestände durch zu hohe Freigaben rückläufig und liegen deutlich unterhalb des Zielbestandes von 360 Stück.
Aus Tierschutz- und Muttertierschutz-Gründen im Einklang mit jagdethischen Grundsätzen ist die Bejagung in der Schonzeit abzulehnen und zu unterlassen. Eine solche Handlungsweise widerstrebt den allermeisten Jägerinnen und Jägern. Einseitig ökonomische oder ökologische Gesichtspunkte können eine Aufweichung von Schonzeitregelungen nicht allein rechtfertigen. Wald, Feld und Wild gehören zusammen und es ist ein Kompromiss zwischen wirtschaftlichen Interessen und Lebensraumbedürfnissen freilebender Tiere zu finden. Auch die Bevölkerung hat den Wunsch, bei Gelegenheit Wildtiere beobachten zu können. Dies ist nach Aussagen von Spaziergängern im Landeswald des Forstamtes Schuenhagen inzwischen schwierig geworden.