Waffe im Porträt: Universaltalent Drilling

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Für die meisten Kipplaufwaffen gibt es Einsteckläufe. Foto: Roland Zeitler

Mit sinkenden Niederwildbeständen ist es auch um den Drilling ruhiger geworden. Unser Autor ROLAND ZEITLER zeigt auf, dass der Allrounder im deutschen Reviersystem nach wie vor eine gute Wahl einer Waffe ist.

Der klassische Drilling fand weltweit keine weite Verbreitung. Vielmehr war er eine typische Jagdwaffe im deutschsprachigen Raum mit seinem Reviersystem, der die Jäger seit mehr als 100 Jahren begleitet. Wer es sich leisten konnte, führte einen Drilling als Universalwaffe im Revier das ganze Jahr. Er ermöglichte den rauen Schuss auf Hasen, Rabenvögel oder den Fuchs genauso wie den Büchsenschuss auf Schalenwild. Man konnte ihn am Entenstrich genauso einsetzten wie auf der Treib- oder gar Drückjagd. Somit ist er mit all seinen Einsatzmöglichkeiten eine ideale Revierwaffe, mit der man die allermeisten Jagdsituationen meistern kann.

 

Lange Geschichte – viele Varianten

Den Perkussionsschlossdrilling gibt es seit Mitte des 18. Jahrhunderts. Mit einem Patent schrieb Peter Oberhammer aus München am 3.2.1878 Drillingsgeschichte. Sein schwenkbarer Piston wurde in einem Perkussionsdrilling mit zwei Hahnschlossen, zwei Abzügen und Rouxverschluss verbaut. Der klassische Drilling hat zwei Schrotläufe und einen Kugellauf. Beliebt ist es, einen Einstecklauf in einem Schonzeitkaliber in einen Schrotlauf zu installieren. Es gab und gibt unzählige Laufvarianten beim Drilling, wobei man einige jedoch mit unterschiedlichen Namen bezeichnete. Beim Bockdrilling, Büchsflintendrilling oder Triumphbock hat man großen und kleinen Kugellauf und einen Schrotlauf. Für Drückjagden gibt es den Doppelbüchsdrilling mit zwei gleichkalibrigen Kugelläufen und einem Schrotlauf. Ebenfalls bekannt sind der Schrot- und Kugeldrilling mit jeweils drei glatten, beziehungsweise drei Kugel-Läufen. Der Waldläufer oder Schienendrilling hat einen Randfeuerpatronenlauf in der Laufschiene. Lauflängen von 60, 63 oder 63,5 Zentimetern sind beim Drilling üblich. Kurzdrillinge haben kürzere Läufe (55 cm), bekannte Varianten sind der Sauer Luftwaffendrilling oder der Tropendrilling.

Illustration: Selin Merve Demir

 

Vielfalt auch bei den Schlossen

Üblich sind Stahl- und Leichtmetallbaskülen, die Stahlbaskülen sind oft nitriert oder vernickelt, aber auch buntgehärtet. So wie bei den Laufkombinationen gibt es auch bei den Schlossen, die in Drillingen verbaut wurden, zahlreiche Varianten. Klassisch hat man drei Blitzschlosse (Schrauben- oder Schenkelfedern) auf dem Abzugsblech. Sie haben etwas härtere Abdrücke (hohe Kraft wirkt auf Rasteintritt) als andere Schlosse, auch weil sie zum Doppeln neigen. Auch Seitenschlosse für die beiden Schrotläufe werden verbaut, oft nach Art Holland & Holland, aber auch andere Konstruktionen mit Schrauben- oder Blattfeder sowie Fangstange wie Thieme & Schlegelmilch, Nimrod, Suhler Seitenschloss, Sauersches Seitenschloss oder Seitenschlosse von Heym und Krieghoff.

Ihr Vorteil liegt vor allem in den niedrigeren Abzugswiderständen. Sie werden mit einem Blitzschloss oder einem Handspannerschloss für den Kugellauf kombiniert. Weiter verbreitet sind Ansonschlosse in den ausgeräumten Kastenbanden mit Schenkelfedern und untenliegenden Stangen. Anson-Deeley-Schlosse sind sehr sicher und weisen eher weiche Abzüge (2 Kilo ohne Doppeln ist möglich) auf. Eine verbesserte Variante ist das Kernersche Ansonschloss. Grundsätzlich haben Drillinge drei Schlosse und zwei Abzüge, es gab aber auch Einabzug und drei Abzüge, diese erfordern eine manuelle Laufumschaltung in Form eines Schiebers meist auf der Scheibe. Oft liegt dann die Greenersicherung – die wirkt auf Abzüge – an der Seite. Man findet aber auch Abzugs- oder Stangensicherung neben dem Laufwahlschalter auf der Scheibe. Auch Umschalter auf der Schlossplatte gibt es. Bei Stellung auf „Kugel“ bedient der vordere Abzug den Kugellauf und der hintere Abzug den linken Schrotlauf. Bei Stellung auf „Schrot“ werden die beiden Schrotläufe mit den Abzügen bedient.

 

Gängige Modelle

Moderne Drillinge wie der Krieghoff Optima haben nur zwei Handspannerschlosse, was für den Jagdbetrieb vollkommen ausreicht. Dieser Handspannerdrilling ist mit dem Universalabzugssystem ausgerüstet, das nahezu identische Abzugswiderstände für beide Abzüge aufweist, die zudem noch im niedrigen Widerstandsbereich von ca. 1000 bis 1500 Gramm liegen. Somit kann man bei diesem Drilling einen Einstecklauf (auch im Hochwildkaliber) in den linken Schrotlauf installieren und somit zwei Büchsenschüsse schnell hintereinander abfeuern, während dies bei einem herkömmlichen Drilling wegen des hohen Widerstandes des hinteren Abzugs nicht sinnvoll ist. Auch der Blaser Drilling D99 ist ein Handspanner-Drilling mit 2 Schlossen und automatischer Entspannung, bei dem der Kugellauf jedoch über den Schrotläufen liegt, was die Sattelmontage auf dem Lauf ermöglicht. Er besitzt ebenfalls Feinabzüge mit niedrigen Widerständen. Ferner ist er mit einem extrem starken Kippblockverschluss ausgerüstet, bei dem es keine Rolle spielt, welches Kaliber ein Einstecklauf hat.

Beim D99 liegen alle drei Läufe frei und sind somit voneinander unabhängig. Damit ist jede Schussfolge möglich. Sie befinden sich in einem Hakenstück und haben ein Führungsteil an der Mündung, das am linken Schrotlauf befestigt ist. Der rechte Schrotlauf liegt nur an und der Kugellauf hat eine O-Ringführung. Die Laufzwischenräume werden mit einem Kuntstoffprofil verblendet. Dank Q-Verfahren wird optimaler Korrosionsschutz gewährleistet. Bei diesen beiden Drillingen (D99 und Krieghoff Optima) lässt sich der Kugellauf zu den weiteren Läufen hin justieren. Der Krieghoff Optima hat einen thermostabilen Kugellauf, sodass der Kugellauf unabhängig von den Schrotläufen ist und sich ebenfalls frei ausdehnen kann. Er besitzt eine Dreipunkt-Radialjustierung unter dem Vorderschaft. Grundsätzlich werden die in einem Monoblock gefassten Läufe mit Reifen und Schienen miteinander verlötet. Damit beeinflusst ein Schuss auch die anderen Läufe. Man sollte seinen Drilling kennen und wissen, wie er reagiert, wenn aus dem warmen Lauf oder in Laufreihenfolge geschossen wird.

 

Die Wahl der Geschosse

Vor allem bei älteren Drillingen stellt sich bei Umschaltung auf Kugel das feine Kugelvisier (meist Rundkimme) auf. Neuere Fertigungen haben nur eine manuell umklappbare Kimme von Schrot auf Kugel. Diese ist in der Regel mit einem feinen, buntmetallhinterlegten Rundkorn kombiniert und nicht viel mehr als ein Notvisier oder für kurze Entfernungen bei der Bewegungsjagd geeignet. Es sei noch angemerkt, dass man vor der Herstellung eines Drillings angeben sollte, wenn dieser auch mit einem Flintenlaufgeschoss gut mit der Kugel (Büchsenlauf ) zusammenschießen sollte, in der Regel in einem kurzen Zeittakt für Doppelschüsse Kugel – Flintenlaufgeschoss (aus dem linken Schrotlauf ).

Nur moderne Drillinge haben für die glatten Läufe einen verstärkten Beschuss oder gar Stahlschrotbeschuss (Lilie), wie der Krieghoff Optima mit Stahlbasküle. Der Optima ist genauso wie der D99 oder Merkel Drilling auch mit ¼- und ½-Chokes zu haben, die für Stahlschrot ideal sind. Für nicht-toxischen Schrot sind offene Chokes ideal, ein Vollchoke dagegen keine gute Wahl. Meist weisen die Schrotläufe der Drillinge einen Halb- und einen Vollchoke auf, selten ¼- und ¾-Choke oder gar eine noch offenere Bohrung. Verständlich bei Nutzung mit Bleischroten, etwa einem Schuss auf den Fuchs am Luder, jedoch nicht ideal für die Wasserwildjagd mit Weicheisenschrot.

 

Das Auge schießt mit

Natürlich stattet man heute den Drilling mit einer Zieloptik aus. Meist werden Zielfernrohre abnehmbar mit einer Schwenkmontage auf der Laufschiene montiert. Edel sieht eine SEM aus. Auch eine Dentler-Montage, die Vario ermöglicht die Verwendung eines Zielfernrohrs auf mehreren Waffen, ist genauso möglich wie die ZP Einhakmontage von Ziegler. Bei diesen Montagen bleibt nach Ab- und Aufsetzen des Zielfernrohrs die Treffpunktlage gleich. Das Laufbündel wird meist mit doppelten Laufhaken und Keilen sowie einem Greener-Verschluss (Querriegel) in Form einer lappenförmigen Schienenverlängerung, durch die ein Querbolzen greift, verriegelt. Auch eine Greenernase oder ein Doll´s Head werden verbaut. Ejektoren fehlen an Drillingen, jedoch sollte die Kugelpatrone mittels geteilen Ausziehers etwas höher ausgezogen werden als die Schrotpatronen, damit sie auch sicher und schnell entnommen werden kann.

 

Der Schaft muss passen

Die Schäftung ist ein Kompromiss zwischen Schaft für eine Flinte und dem einer Büchse mit mehr Tendenz zum Büchsenschaft, damit der Blick bei schnellem Anschlag korrekt durch das Zielfernrohr erfolgt. Oft findet man einen Hinterschaft mit Schweinsrücken, Deutscher oder Bayerischer Backe und Pistolengriff am Drilling. Den Abschluss bildet eine gleitende Kunststoffschaftkappe oder belederte Gummischaftkappe. Auch Gummi-Wechselkappen in verschiedener Stärke sind auf dem Markt. Der Vorderschaft mit Schnäpper sollte griffig sein und gut in der Hand liegen, die Fischhaut verleiht Griffigkeit.

 

Der Drilling braucht Aufmerksamkeit

Der Drilling hat in der Regel Selbstspannerschlosse, die beim Abkippen der Läufe gespannt werden. Der Schlosszustand wird durch herausragende Signalstifte auf der Basküle angezeigt. Weit verbreitet ist eine Handspannung für den Kugellauf, die gleichzeitig auf Kugel umstellt und sich beim Öffnen automatisch entspannt. Drillinge mit rund 63 Zentimeter langen Läufen wiegen etwa 3,2 – 3,4 Kilo und sind mit rund 106 Zentimetern Länge führig. Bei herkömmlichen, vor allem älteren Drillingen sind die harten Abdrücke ein Nachteil, man muss die Abzüge beherrschen und für den Kugelschuss ist auf jeden Fall einzustechen. Der Drilling erfordert Vertrautheit in der Praxis. Wer ihn regelmäßig führt, wird ihn auch beherrschen. Wer ihn lediglich sporadisch führt, sollte sich vorher mit ihm vertraut machen. Drillinge waren und sind schon immer teure Jagdwaffen, da sie viel Handarbeit erfordern. Moderne Fertigungsmethoden machen heute den Preis bei einigen Herstellern wieder erträglich und den Drilling populärer.

 

Achtung beim Gebrauchtwaffenkauf:

Das Wichtigste ist die Überprüfung der Schussleistung – Kugel aus kaltem Lauf auf 100 m, Schrot auf die 16-Felder-Scheibe auf 35 m und FLG auf ca. 40 – 50 m. Neben den Streukreisen ist bei Schrot Deckung und Gleichmäßigkeit zu prüfen, ferner die Treffpunktlage zum Kugelschuss. Der Schaft sollte durch eine Ölschicht gut geschützt sein und keine Risse aufweisen (besonders beim Pistolengriff genau hinsehen), Rost ist stark preismindernd und im Laufinneren nicht akzeptabel. Die Verlötung der Läufe mit Schienen wird mit einer Stahlnadel geprüft. Lose Stellen und Spalten sind gefährlich, da innen bereits Rost sein kann. Die Laufverriegelung muss in Ordnung sein. Ohne Vorderschaft darf das Laufbündel kein Spiel aufweisen. Die Funktion der Sicherung ist zu prüfen. Nur ohne Hinterschaft kann man auch die Schlosse beurteilen.

 

Kaliberkombinationen

Bei den Schrotläufen ist mir das Kaliber 12 (70 oder 76 mm) etwas zu volumig, besser geeignet ist das Kaliber 16/70. Ich bevorzuge jedoch die schlanke 20/76 mit ihrer starken Leistung. Früher waren Kugelkaliber wie 6,5x57R (exzellent für Rehwild) und 7x57R (universell) üblich. Vor allem bei starken Sauenvorkommen kann ruhig ein etwas stärkeres Kugelkaliber gewählt werden. Die 7x65R ist ein hervorragendes Allroundkaliber, ansonsten sicherlich eine gute Wahl die .30R Blaser oder 8x57IRS. Wer viel schweres Wild wie Brunfthirsche oder Keiler bejagt, ist auch mit der 8x75RS oder 9,3x74R bestens gerüstet, für die Feld- und Gebirgsjagd empfiehlt sich auch die 6,5x65R. In einem Einstecklauf sind Kaliber bis .22 Hornet auch bei älteren Drillingen unproblematisch.

Stärkere Kaliber (besonders Hochwildkaliber) erfordern schon einen starken Verschluss wie ihn Krieghoff oder Blaser bieten. Ideal für Raubwild ist sicherlich die rasante, präzise und bestens wirkende .17 Hornet. Randfeuerkaliber, wie früher üblich, empfehle ich darin nicht, da ihre Einsatzweite sehr beschränkt ist und auch ihre Wirkung nicht immer gut ist. Für Flintenlaufgeschosse gilt, wie bei den Kugellaborierungen, das Bestschiessende zu ermitteln. Klassisch und sehr gut ist das original Brenneke. Aus manchen Läufen ergeben die Forster Slugs mit Hohlboden eine bessere Schussleistung. Sabot-Slugs mit Treibspiegel eignen sich wenig für Drillingsläufe, ebenso wenig Flintenlaufgeschosse, die für gezogene Flintenläufe entwickelt wurden.

 

Einsteckläufe

Die Installation eines mündungsbündigen Einstecklaufes mit Mündungsjustierung ist jagdpraktisch sinnvoll. Schießt man zwischendurch mit Schrot oder Flintenlaufgeschossen, dann ist der Chokebereich mit feiner Stahlwolle von Bleirückständen zu befreien, sonst wird es nichts mit der gewohnten Treffpunktlage des Einstecklaufes. Kaliber bis .22 Hornet eignen sich gut im Drilling. Stärkere Kaliber erfordern sehr starke Verschlüsse. Keller umd Simann bieten nun auch einen mündungslangen EL mit Schalldämpfer an. Dabei hat der Einstecklauf im Mündungsbereich ein Innengewinde für den A Tec Schalldämpfer AR 30-4, an dem sich eine Rohr mit Gewinde befindet. Installiert werden kann er, wenn sich im zweiten Schrotlauf entweder auch ein Einstecklauf befindet oder nicht mit Schrot geschossen wird.