Blattjagd in den Bergen – Der Felsenbock

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Fast kitschig wirkt die Au, in der der Bock seinen Einstand hatte. (Foto: Josef Melcher)

Böcke gibt es viele und besonders zur Blattjagd schenken sie uns Jagdfieber. JOSEF MELCHER hat auf einen besonderen Bock gewaidwerkt!

Wer von Ausnahmeböcken spricht, meint oft wahre Kronleuchter, dicke Böcke, die den Schädel kaum noch heben können. Was einen Bock für mich aber auch besonders machen kann, ist das Erlebnis, sind die Strapazen, ist die ehrliche, harte Jagd und vielleicht ein wenig Glück. Wenn dann noch der Bock aufs Blatten springt, ist das Erlebnis perfekt.

Anspruchsvolle Bedingungen

Keine gedämmten Kanzeln, keine ebenen Wege und auch keine bestätigten Böcke, die Voraussetzungen waren gelinde gesagt anspruchsvoll, als wir am 02. August in unser noch neues Bergrevier aufbrachen.

Auch die Rehwilddichte ist hier eher dünn, es dominieren Gams und Rotwild. Umso mehr reizte es mich, den ersten Bock in diesem Revier beim Blatten zu erlegen. Auf den Wildkameras und an den Salzlecken ließ sich nur ganz selten Rehwild blicken. Mein Plan war, durch die zahlreichen Gräben und Kare mit meinem lautesten Blatter einen Bock neugierig zu machen und in Anblick zu bekommen.

Der Bock im Graben

Gemeinsam mit meiner Freundin und unserem fünf Monate alten Hund, begann ich den Aufstieg ins Jagdgebiet. Vier Plätze hatten wir bereits vergeblich versucht, dann fiel mir ein, dass sich oberhalb von uns ein kleines Hochplateau erhebt, von wo aus man es noch probieren könnte. 20 Minuten Aufstieg und wir hatten den Platz erreicht und ich begann mit den ersten Arien. Nach 35 Minuten kam plötzlich auf gute 400 Meter ein roter Schatten durch die Latschen auf eine natürliche Schneise geschossen.

Der Bock hielt mit Vollgas auf uns zu, während ich weiter blattete wie die Wiener Philharmoniker. Als er ca. 45 Meter vor dem Sitz einen Graben erreichte, war er wie vom Erdboden verschluckt. Dann auf einmal stand er mit einem Satz auf unserer Seite des Grabens wieder vor uns. Lediglich ein kleiner Fichtenverjüngungskegel trennte uns von ihm. Man sah dahinter nur einen Teil des Hauptes und der Trophäe.
Der sicher schon ältere Rehbock war ein reiner Spießer. Ich blattete weiter, doch er rührte sich nicht von der Stelle und verschwand dann wie ein Geist zurück in den Graben.

Wie ein Bock die Pläne durchkreuzt

Wir waren zwar höchst motiviert, doch es begann wie aus Kübeln zu schütten. An diesem Tag machten wir uns zu Mittag auf den Weg in die nahegelegene Ortschaft. Kaum losgefahren, sah ich beim Reviernachbarn einen Bock der in Richtung unseres Reviers zog. In Grenznähe bildet der kleine Bergbach eine Art Au mit Erlen, Birken und Heidelbeersträuchern. Der Bock hielt zielstrebig auf das landschaftliche Kleinod zu und verschwand vor dem blitzblauen Wasser im Holz.
Also zurück auf unsere Revierseite! Es war genau zwölf Uhr mittags, als wir durch eine vom Regen durchnässte Buchendickung stachen, um uns der Au zu nähern.

Ich hatte bereits vom Auto aus gesehen, dass es sich um einen alten Bock handeln musste. Das Problem: der Bock suchte zwar, zog aber dabei auch sehr schnell. Direkt vor uns erhob sich ein großer Stein, der sich als Auflage anbot. Ich legte meine Jacke darüber und wartete, bis nach dem Angehen Ruhe eingekehrt war. Auf keinen Fall wollte ich, dass der Bock das wilde Geraschel mit dem Blatten verbindet. Der Regen hatte mittlerweile aufgehört.

Auge in Auge mit dem Alten

Ich holte meinen Buttoloblatter aus der Tasche und begann mit einem hellen Geißfiep. Satte 45 Sekunden und der Bock kam durch den Mooswald geflogen. Alles war dämpfig, eine gespenstische, surreale Szene. Und dann dieser Moment: Der Rehbock springt über die Kante und „du merkst der freut sich, weil in de Berg gibt’s keine Geißen“.
Wahrscheinlich ist er deshalb für sein Alter so energisch gesprungen. Ich habe sofort aufgehört zu blatten, weil er zu gut gesprungen ist. Der Bock zog unterdessen in den Altholzbestand und begann zu suchen. Er fing an, sich mit dem Lecker über den Windfang zu schlecken und machte surrende Brummlaute, der Bock war in Rage.

Wenn das Jagdfieber einsetzt

Die ganze Zeit hatte ich mich nicht getraut das Gewehr hochzunehmen, doch dann tauchte er kurz hinter einer großen Fichte ab und ich nutzte den Moment, um in Anschlag zu gehen.
Zunächst zog der Bock stichgerade auf mich zu, um dann hinter einem der großen Steine zu verschwinden. Dann kam, was wir nicht erwartet hatten: Er sprang mit den Vorderläufen auf einen grauen Stein, wirkte nervös und sicherte in alle Richtungen. Er probierte immer wieder, sich Wind zu holen, um zu lokalisieren, wo sich denn sein vermeintliches Objekt der Begierde versteckt. Schon mit dem Blick durchs Glas genoss ich noch einige Momente diesen unvergesslichen Anblick, ehe der Schuss brach.

Ich zitterte am ganzen Körper, das Jagdfieber packte mich mit voller Wucht. So nervös, so aufgeregt war ich lange vorher und nachher nicht mehr. Als er sprang, konnte ich schon sehen, dass die Rosen förmlich am Schädel klebten, die Decke war aschfahl – uns war ein wirklich uralter Bergbock aufs Blatt gesprungen. Das waren ganz große Blattjagdmomente und ein unglaublicher Bock, da oben, wo er so selten ist.

Bock

Der Autor mit seinem „Felsenbock“. (Foto: Josef Melcher)