Bock zur Blattzeit – Taktik für die Praxis Teil II

Welche Taktik hat in der Blattzeit auf den roten Bock Erfolg? Patrik Bollrath verrät seine Tricks fürs Blatten.

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In der Blattzeit kommen die Böcke oft aus dem Nichts gesprungen! Foto: Pixabay/Arteliii

Wenn die Brunft zu Ende ist, beginnt nach einigen Tagen bereits der ein oder andere Bock zu springen. Wer sich hier geduldet, wird mit reicher Beute belohnt. Was es für eine erfolgreiche Blattjagd zu beachten gilt, weiß Patrik Bollrath

Bock mit Plan

Bevor der eigene Platz für den Tag der Jagd ausgewählt wird, gilt es, die Bockeinstände zu bestätigen. Frische Plätzstellen sind immer ein sicheres Zeichen dafür, dass sich ein Bock in unmittelbarer Nähe aufhält. Diese gehe ich insbesondere im Wald gezielt an, da hier um diese Jahreszeit die Beobachtbarkeit von Rehwild fast gegen Null tendiert. Im Feld sieht es meist etwas anders aus und man kann den Bock deutlich einfacher und besser bestätigen.

Ein geeigneter Platz ist etwa 50 bis 100 Meter vom vermuteten Einstand des Bocks entfernt und bietet ausreichend Schussfeld mit geeignetem Kugelfang. Dieser Umstand sollte bei der Platzwahl unbedingt mit berücksichtigt werden. Der Wind spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle, da insbesondere ältere Böcke sich ähnlich wie der Fuchs die Freiheit nehmen, einen zu umschlagen, um sich in aller Ruhe Wind vom Jäger zu holen. Man kann das natürlich umgehen, indem man sich beispielsweise im Feld so platziert, dass der Bock nicht umhin kann, die freie Fläche überqueren zu müssen anstatt direkt aus dem Einstand auf die Laute zu springen. Meist vermeidet er dies und springt auf den Sprengfiep auf direktem Wege. Besonders dann, wenn die Böcke nicht direkt und ungestüm auf einen zuspringen sondern eher vorsichtig auf das Blatten kommen, versuchen sie oft den Wind für sich zu nutzen. Ein erhöhter Platz wie eine Geländekuppe oder ein Hügel bietet meistens eine bessere Übersicht und einen sicheren Kugelfang. Dennoch sollte man auch hier niedrigen Blattständen den Vorzug geben.

Für die Jagd vom Boden nutze ich möglichst natürliche Deckung. Gut eigenen sich Sträucher oder junge Buchen, in welche man sich etwas zurückziehen kann. In offenen Altholzbeständen stelle ich mich einfach vor einen dicken Baum, damit keine verräterische Silhouette abgegeben wird. Bevor die Blattzeit ihren Höhepunkt erreicht, tut man gut daran, sich diese Stellen vorzubereiten. Essentiell, gerade in Laubwäldern, sind Pirschwege. Nur wenn man leise den zuvor gewählten Platz erreicht, steht auch der argwöhnische Bock zu. Hat uns dieser bereits vorher
vernommen, wird er das Weite suchen oder einfach in seinem Einstand verharren. Mit einem großen Laubgebläse ist ein Pirschweg schnell gemacht und der kurzweilige Lärm wird den Bock nicht aus seinem Einstand vertreiben. Vorbereitung und Revierkenntnis sind für uns Bockjäger unentbehrlich!

Die richtige Austrüstung ist ein Muss

Als Pirschstock haben sich hier Modelle mit einer Hinter- und Vorderschaftauflage bewährt. Sind die Distanzen eher kurz, kann im zusammengeklappten Zustand nur die vordere Gabel verwendet werden, um bei Bedarf beweglicher zu sein. Wird auf weitere Entfernungen geschossen, bietet die hintere Auflage genügend Stabilität. Kommt nun ein Bock auf die Fieplaute gesprungen, wird dieser über das Zielfernrohr angesprochen. Da der Bock die Laute auf den Meter genau orten kann, gilt es, jede noch so kleine Bewegung zu vermeiden. Ist der Bock als passend angesprochen, muss die erste Gelegenheit für einen sauberen Schuss genutzt werden. Die Gefahr, entdeckt zu werden, steigt mit jedem Meter, den sich der Bock nähert. Ein weiteres Problem ist, dass die Böcke meist frontal auf den Stand zuwechseln. Bei einem Reh ist zwar ein Schuss auf den Stich absolut tödlich, doch geht dieser meist mit einer unverhältnismäßigen Zerstörung des Wildbrets, insbesondere der Keulen, einher und ist somit abzulehnen. Auch in puncto Waidgerechtigkeit mögen berechtigte Zweifel über einen derartigen Treffersitz bestehen. Sobald der Bock breit zieht, ist der Schuss auf oder hinter das Blatt anzutragen. Nerven bewahren und den richtigen Moment nutzen! Ist man zu zweit unterwegs, empfiehlt es sich, die Begleitperson in einigen Metern Entfernung auf gleicher Höhe zu positionieren, um die Richtung, in welche der Bock springt, zu verändern und auch die Aufmerksamkeit von sich abzulenken. In einem eingespielten Team kann man auf diese Weise sehr spannende Momente erleben.

Ich nutze die Blattjagd ganz gezielt, um besonders schwer zu bejagende Einstände oder Flächen zu bejagen, an welchen normale Ansitze oft erfolglos sind. Meist sind es Einstände in Dorf- oder Stadtnähe, aber auch schwer zugänglich Moore oder Brüche. Im Wald können Dickungskomplexe sprichwörtlich „abgeblattet“ werden, in welchen man das ganze Jahr die Rehe und insbesondere die Böcke nicht sehen kann, da die Vegetation zu hoch ist. Auch ist die Blattjagd hervorragend dafür geeignet, den ein oder anderen heimlichen Bock doch noch zu erwischen. Der Vorteil der Blattjagd ist, dass man in etwa bestimmen kann, wo der Bock wahrscheinlich auftaucht. Das bringt den Vorteil, dass man ihn in schwierigem Gelände in die Bereiche locken kann, in denen ein sicherer Schuss mit ausreichend Kugelfang zu verantworten ist.

Welche Ausrüstung nehme ich also mit?

So viel als nötig und so wenig wie möglich! Die Waffe, welche man viel führt und blind beherrscht, ist auf der Blattjagd perfekt. Ferner empfiehlt es sich, einen Zielstock, ein Fernglas oder gegebenenfalls Wärmebilgerät und ein leichtes Tarnnetz mitzunehmen. Letzteres empfiehlt sich insbesondere, wenn man von einem Drückjagdbock aus jagen möchte. Die Kleidung sollte in einem Tarnmuster sein, um die eigene menschliche Silhouette zu verschleiern. Gesichtsmaske und Tarnhandschuhe sind in jedem Falle mehr als empfehlenswert. Als Schuhe nutze ich gerne sogenannte Surfschuhe aus Neopren. Wer schon einmal in solchen Schuhen gepirscht hat, weiß, wovon ich spreche. Sie schützen die Füße vor spitzen Gegenständen, Kälte und Nässe, sie haben aber den Vorteil, dass man mit ihnen fast wie barfuß läuft. Die Geräusche werden auf ein Minimum reduziert und man bekommt ein Gefühl für den Untergrund. Plötzlich laut knackende Zweige gehören mit diesen Schuhen der Vergangenheit an. Ich empfehle allerdings ein zweites Paar Stiefel oder feste Schuhe mit einzupacken, insbesondere wenn es ans Bergen des Stückes geht. Mit richtigen Schuhen haben die Füße einfach einen besseren Halt. Zu guter Letzt habe ich natürlich einen Blatter dabei. Der Markt bietet hier viele verschiedene Blatter an und nicht jeder kommt mit jedem Blatter zurecht, daher sollte das Modell genutzt werden, mit dem man sich am besten fühlt und welches man am besten bedienen kann. Der Bock hört nicht, aus welchem Blatter die Fieplaute kommen.

 

Auch bei Regen können die Böcke springen, wichtig ist vor allem, dass man immer in alle Richtungen aufmerksam bleibt. Foto: Kim Trautmann

Wie sollte man den Bock anblatten?

Über das Blatten an sich gibt es viele verschiedene Theorien. Der eine beginnt zaghaft und steigert sich von Serie zu Serie. Der andere beginnt gleich mit dem
Sprengfiep und wieder ein anderer schwört auf den Kitzfiep. Ich bin der Meinung, man sollte immer flexibel bleiben und sich der Situation anpassen beziehungsweise alles ausprobieren, wenn sich auf den einen Laut kein Erfolg einstellt. Ich beginne bei bekannten Plätzen meist mit einigen zaghaften Fieplauten und gehe danach in ein regelrechtes Fiepgeschrei über. Meiner Erfahrung nach stehen jedoch gerade territoriale Böcke meist wesentlich schneller und aggressiver auf den Sprengfiep zu, als auf zaghafte Fieplaute. Dabei sollte man immer vorsichtig vorgehen und die entsprechenden Laute wohl dosiert einsetzen, vor allem an unbekannten Stellen im Revier.

Um den Platzbock zum Springen zu bringen, kann lautes Plätzen in Kombination mit dem Sprengfiep das Mittel der Wahl sein. Doch Vorsicht! Sitzt man dicht am, respektive im Einstand, so gilt es, die Liebesarie zunächst vorsichtiger einzuleiten, da der Rehbock ansonsten ohne Weiteres in den Blattstand gerumpelt kommen kann und ein Schuss unmöglich wird. Stoppen lässt sich ein Bock hier nur durch frühzeitiges, gezieltes Schrecken. Auch der Kitzfiep kann zum Erfolg führen, meistens dann, wenn der gesuchte Bock noch bei einer Ricke steht und diese dann auf den Kitzlaut zusteht und ihren Verehrer mitbringt. Ob der Kitzfiep das erste Mittel der Wahl sein sollte, muss ein jeder für sich entscheiden.

Wenn man einmal einem treibenden Bock und seiner Ricke zugehört hat, sind die Laute viel höher und leiser als die der meisten Blatter. Es hört sich hin und wieder eher an wie ein schneller und leiser Kitzfiep. Daher sollte man keine Angst haben, sich seinen eigenen Stil anzugewöhnen, wenn dieser Erfolg gebracht hat. Wirklich falsche Töne gibt es nicht, nur wie ein sterbender Hase sollte man, falls sich dies vermeiden ließe, nicht klingen. Der beste Lehrmeister ist und bleibt die Natur, was diese Jagdart auch so unglaublich ursprünglich, spannend und reizvoll macht! Wer also beobachtet, still zuhört und sich aufmerksam im Revier bewegt, hat beste Chancen, unserem Rehwild noch den ein oder anderen Kniff für die erfolfreiche Jagd abzulauschen.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass auch die Blattjagd eine gute und strukturierte Planung voraussetzt. Die Gegebenheiten sollten schon vorher genauestens analysiert werden, um in der „heißen Phase“ keine Zeit zu verschwenden. Denn wie schon angesprochen, gibt es in jedem Jahr nur wenige Tage, an denen die Böcke einen sprichwörtlich umrennen. Diese Tage gilt es dann zu nutzen, weshalb man nie zu früh mit der Vorbereitung beginnen kann! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei dieser spannenden Jagdart.